14.02.2025, 10:05
Skyliners-Trainer im exklusiven Interview
Als BBL-Aufsteiger haben es die Skyliners Frankfurt überraschend direkt unter die vier besten Mannschaften im BBL-Pokal geschafft. Nun schielen die Hessen auf den ersten Titelsieg seit 25 Jahren. Im Interview spricht Trainer Denis Wucherer über die Pokalambitionen und den möglichen Klassenerhalt in der Bundesliga.
Außerdem verrät der ehemalige deutsche Nationalspieler, warum es in Frankfurt seit Jahren nicht mehr gelingt, deutschen Nachwuchs hervorzubringen und wie gefährlich die Regeländerungen an den US-Colleges werden können.
Herr Wucherer, am vergangenen Wochenende gewannen Sie das zweite direkte Duell gegen Göttingen und haben damit nun schon vier Siege Vorsprung auf den Tabellenletzten. Darf ich Ihnen damit zum Klassenerhalt gratulieren?
Wucherer: Das ist natürlich verfrüht. Andererseits können wir jetzt mal durchatmen und uns auf das Top Four am Wochenende freuen. Danach sind noch 14 Spiele - da kann natürlich eine Menge passieren. Aber wir werden versuchen, noch drei, vier Spiele zu gewinnen und dann sollte es für Göttingen relativ unmöglich sein, da wieder heranzukommen.
Zu Saisonbeginn hatten sie das Ziel von mindestens zehn bis zwölf Siegen ausgeschrieben. Die Hälfte davon ist inzwischen geschafft: Erreichen Sie das Ziel noch?
Wucherer: Wir sind nicht weit weg davon. Zehn Siege waren in der Vergangenheit einfach das, was es brauchte, um die Klasse zu halten. Aber es zeigt sich schon, dass das Niveau in der Liga für uns sehr hoch ist. Es muss viel passen, sodass wir Spiele gewinnen. Dennoch sieht es ja so aus, als bräuchte es dieses Jahr auch keine zehn Siege.
Da spielt Ihnen nun in die Karten, dass es in dieser Saison nur einen Absteiger gibt.
Wucherer: Es ist eine schwierige Saison mit all den zusätzlichen Pausen. Neben den FIBA-Fenstern haben wir mindestens nochmal zwei spielfreie Wochenenden und somit insgesamt vier längere Unterbrechungen in dieser Saison - das habe ich so auch noch nicht erlebt. Das ist für den Rhythmus einfach nicht gut. Ich hoffe, dass die Liga das wieder hinbekommt. Aber mit Jena, Crailsheim und Trier klopfen da ja schon Teams an, die Bock auf die BBL haben, sodass wir wieder auf 18 Mannschaften kommen.
Rang | Team | Siege | Niederlagen |
---|---|---|---|
1 | Science City Jena | 21 | 2 |
2 | Gladiators Trier | 17 | 6 |
3 | Gießen 46ers | 16 | 7 |
4 | Merlins Crailsheim | 15 | 8 |
5 | VfL Stars Bochum | 15 | 8 |
Der Rückstand auf die Play-In-Plätze beträgt aktuell vier Siege. Machen Sie sich noch Hoffnungen auf eine Teilnahme?
Wucherer: Zunächst gilt es, den Klassenerhalt in trockene Tücher zu bringen. Um wirklich noch da oben mitzuspielen, bräuchte es einen Run von fünf, sechs Siegen in Folge. Dafür fehlt mir ehrlicherweise aktuell die Fantasie.
Auch Ihr kommender Pokalgegner Bamberg sucht noch den Anschluss an die Play-In-Plätze, zeigte aber zuletzt einen Aufwärtstrend. Wie schätzen Sie Ihre Chancen am Samstag ein?
Wucherer: Bamberg ist gerade in einem guten Flow. Sie haben Anton [Gavel, Anm.] die Zeit gegeben, die Mannschaft zu entwickeln. Mit Lofton, Segu und Watson verfügen sie über Spieler, die an einem guten Tag sehr schwer zu verteidigen sind. Im Pokal haben sie Ulm und Berlin rausgehauen. Mit einem guten Gameplan und wenn wir einigermaßen gesund sind, können wir es ihnen aber schwer machen. In so einem Pokal-Halbfinale kann immer alles passieren.
Wie ist die Erwartungshaltung innerhalb der Mannschaft: freut man sich einfach dabei zu sein oder wollen Sie den Titel gewinnen?
Wucherer: Alle vier Teams, die da aufschlagen wollen das Ding. Aber natürlich ist da auch Bayern München! Wenn die Ernst machen - und von der Vechta-Niederlage noch ein bisschen angepiekst sind - können sie auf einem ganz anderen Niveau spielen. Dann müssen sich alle verdammt warm anziehen. Bayern gehört nun mal zu den acht besten Mannschaften Europas. Aber auch da gilt: in einem Spiel ist immer alles möglich.
Die Vergabe des Top Fours nach Weißenfels - in die kleinste Halle der Liga - erntete viel Kritik. Können Sie diese nachvollziehen?
Wucherer: Groß ist die Bühne in diesem Jahr wirklich nicht. Es ist ein Wermutstropfen, dass es nicht gelungen ist, diesem Top Four einen geeigneten Rahmen zu verschaffen. Ab nächstem Jahr macht man das mit Düsseldorf dann besser. Trotzdem habe ich großen Respekt vor dem MBC, dass sie es überhaupt schaffen, die Veranstaltung auszurichten.
Verlassen wir einmal das Tagesgeschäft. In dieser Saison stehen erneut keine Absolventen des eigenen Nachwuchsprogramms im Kader. Was läuft da falsch in Frankfurt?
Wucherer: Frankfurt hatte unter anderem wegen Voigtmann, Barthel und Bonga einmal den Ruf, junge deutsche Spieler in der Bundesliga zu etablieren. Das ist den letzten Jahren überhaupt nicht mehr gelungen. Plötzlich wurden andere Standorte attraktiver: das BBL/ProA-Konstrukt in Vechta oder das Programm internationaler Youngstars in Ulm. Wir haben jetzt aber auch wieder zwei Jugendnationalspieler im Verein, die in der ProB viel Zeit bekommen und da ordentlich spielen. Wir hoffen, dass wir es in Zukunft wieder schaffen, die eigenen Spieler oben zu integrieren. Im Spiel gegen die Bayern am Dienstag hat zum Beispiel Jamie Edoka sein BBL-Debüt gegeben und die Aufgabe sehr ordentlich gelöst.
Erschwerend kommen dennoch die veränderten NIL-Regularien hinzu, die es jungen Spielern nun erlauben, an den Universitäten in den USA deutlich mehr Geld als hierzulande zu verdienen.
Wucherer: Ja, das macht es deutlich schwerer, die Spieler von einem langfristigen Weg in Deutschland zu überzeugen. Wir müssen davon ausgehen, dass auch Hannes Steinbach nächstes Jahr für eine große Universität auflaufen und dafür eine Menge Geld bekommen wird. Der Markt wird von Jahr zu Jahr immer größer. Vor einiger Zeit hat der asiatische Markt zugelegt und plötzlich hast du gar keine Chance, mit Mannschaften aus Japan, Korea oder China zu konkurrieren. Der europäische Markt ist sowieso sehr umkämpft. Und jetzt kommt auch noch das Thema US-College dazu. Das macht es für einen Standort wie Frankfurt sehr schwer, Qualität zu einem akzeptablen Preis zu finden.
Ein Aspekt, der den Standort Frankfurt wieder attraktiver machen könnte, ist die neu geplante Multifunktionarena.
Wucherer: Die ist nicht nur in Planung, der Baubeschluss scheint vonseiten der Politik nur noch Formsache zu sein. Man hat ja auch in Ulm gesehen, was eine neue Halle für unglaubliche Effekte haben kann. Es bieten sich ganz neue Möglichkeiten zur Vermarktung, was das Budget nach oben schraubt. Das ist auch notwendig, um in der Bundesliga mittelfristig konkurrenzfähig zu sein.
Und sicherlich auch, um irgendwann wieder die großen Titel zu gewinnen, oder?
Wucherer: Genau, das ist der Plan. In Frankfurt weiß man ja, wie es ist, den Pokal oder die Meisterschaft zu gewinnen. Diese Zeiten gab es hier und da will der Verein auch wieder hin. Und dafür ist eine neue große Multifunktionarena scheinbar unabdingbar.
Jahr | Sieger |
---|---|
2024 | Bayern München |
2023 | Bayern München |
2022 | Alba Berlin |
2021 | Bayern München |
2020 | Alba Berlin |
Julius Ostendorf