30.09.2024, 09:59
Die Ära KAT in Minnesota ist zu Ende
Über neun Jahre war Karl-Anthony Towns mehr oder weniger das Gesicht der Minnesota Timberwolves. Der Big Man stand für die vielen Tiefen, aber auch die neue Euphorie im hohen Norden. Dass er ausgerechnet jetzt nicht mehr Teil der aufstrebenden Wolves ist, ist eine bittere Pille, auch wenn diese Entwicklung absehbar war.
Es ist leicht, sich über Karl Towns lustig zu machen, dafür bietet er seinen Kritikern einfach viel zu viel Futter. Der selbst ernannte beste Shooting Big Man aller Zeiten war bekannt für seine kessen Sprüche und das überbordende Selbstvertrauen im Hinblick auf seine eigenen Leistungen oder die Aussichten des Teams.
Wirklich vorweisen konnten Towns und die Wolves aber lange nur wenig. 2015 zogen die Wolves KAT mit dem ersten Pick, zusammen mit dem im Jahr zuvor an Eins weggegangenen Andrew Wiggins sollte Towns in Minnesota eine neue Ära prägen. Fast fünf Jahre spielten die beiden zusammen, in dieser Zeit sprang genau ein Sieg in den Playoffs heraus.
Und nur wenige werden das den beiden zuschreiben. Es war das Jahr 2018, als ein gewisser Tom Thibodeau einen Trade für seinen ehemaligen Zögling Jimmy Butler einfädelte, der den Youngstern Toughness und vor allem Teamerfolg bescheren sollte. Was hängen blieb, war aber vor allem das Label "soft", als der streikende Butler doch mal beim Training erschien und unter anderem Towns als zu weich verspottete.
Es sollte an ihm kleben bleiben, auch wenn KAT viermal All-Star wurde und zweimal ins All-NBA Third Team gewählt wurde. Erst mit dem Trade von Wiggins und dem Draft von Anthony Edwards kletterten die Wolves aus dem Tal, Minnesota erreichte in den vergangenen drei Jahren jeweils die Playoffs, doch die Skepsis gegenüber Towns blieb.
Das Talent war stets da, kaum ein Big Man ist so talentiert und so variabel in der Offense einsetzbar. Tatsächlich gibt es kaum einen Center, der so gut werfen kann wie Towns, darüber hinaus ist auch sein Post Game elitär und wenn gefragt, kann Towns auch unter dem Brett ackern. In der Theorie sollte Towns ein absoluter Matchup-Albtraum sein, doch zu oft stand sich Towns selbst im Weg.
Für einen Star ist seine Entscheidungsfindung auch mit fast 29 Jahren teils bizarr schlecht. Zu oft versuchte er es mit dem Kopf durch die Wand, zu oft nahm er sich mit dummen Fouls selbst aus der Partie, vor allem in den Playoffs. Kollege Edwards wurde 2024 nicht müde, auf PKs immer wieder Towns daran zu erinnern, dass dies seinem Team schaden würde.
Und tatsächlich war 2024 Towns‘ vermutlich beste Postseason. Seine defensiven Mängel waren nicht mehr so eklatant, in der Serie mit den Denver Nuggets war Towns der heimliche Star (er verteidigte Jokic aufopferungsvoll), auch wenn er in den Conference Finals gegen Dallas wieder in alte Muster verfiel und erneut mit fragwürdigen Aussagen („Ich nehme 1000 Würfe pro Tag“) für Gelächter bei seinen Kritikern sorgte.
Dennoch war die positive Entwicklung von Towns spürbar, eine gewisse Reife war in seinem Spiel zu erkennen. Dazu bekannte sich KAT stets zu Minnesota, was bei all den schweren Saisons keine Selbstverständlichkeit war. Insgesamt hatte Towns in seinen neun Jahren sieben GMs und fünf verschiedene Coaches, die Wolves waren in seiner Zeit ein Pulverfass und doch war Towns wie womöglich nur Kevin Garnett tief mit der Community verwurzelt.
Towns wollte nicht gehen, laut The Athletic war der Big Man komplett überrascht von diesem Move. Überraschend war letztlich nur der Zeitpunkt. Towns verdient in dieser Saison 49 Millionen Dollar, er hält für 2027/28 eine Spieler-Option über 61 Millionen. Bei all seinen Qualitäten ist das für jemanden wie ihn mit so wenig Playoff-Erfolg ein echtes Brett.
Aus Sicht der Wolves war das zu viel, auch weil Towns in den vergangenen Spielzeiten deutlich häufiger verletzt war. Sein Vertrag war ohnehin schwer zu traden, sodass diese Gelegenheit, das Angebot der Knicks, zu gut war, um es abzulehnen. Bitte für Towns: Ausgerechnet, als die Franchise im Aufschwung ist, muss er das Team verlassen. Irgendwie passend für die neun Jahre Achterbahnfahrt. Nur drei Spieler machten mehr Spiele für die Wolves, nur Garnett verbuchte mehr Punkte und Rebounds.
Man kann es aber auch umdrehen. Towns, der nur eine Autostunde vom Madison Square Garden in New Jersey aufwuchs, kehrt heim und spielt nun für eine Franchise, die nicht minder ambitioniert ist. Es ist ein Neuanfang mit einem Team, welches womöglich sogar besser zu ihm passt als Minnesota mit Rudy Gobert an seiner Seite.
Gleichzeitig ist es auch nirgendwo so unruhig wie in New York, wo jedes Wort auf die Goldwaage gelegt wird. Es ist ein hartes Pflaster, doch Kritik sollte KAT inzwischen gewöhnt sein. Vielmehr ist es eine Chance, seinen Ruf endgültig zu reparieren. Es mag auch helfen, dass Knicks-Präsident Leon Rose Towns' erster Berater in der NBA war, wie so viele Knicks-Spieler steht KAT bei der Agentur CAA unter Vertrag. Die nötige Geduld wird da sein und die wird es auch brauchen.
Robert Arndt