16.09.2022, 22:22
Basketball-EM, Halbfinale
Trotz einer starken Leistung unterlag Deutschland im Halbfinale der Heim-EM Spanien und spielt nun um Bronze. Lange Zeit waren die DBB-Riesen in Führung, doch am Ende fehlte beim 91:96 ein Quäntchen Glück.
Spanien, das in der Vergangenheit schon mehrfach deutsche Basketballträume hatte Platzen lassen, traf zu Beginn zwar nicht sonderlich gut, spielte dafür taktisch aber sehr clever, spielte geduldig und kreierte immer wieder Mismatch-Situationen für Willy Hernangomez, der diese dann auch nutzte. Im Gegensatz zum Griechenland-Spiel, das von Beginn an in Überschallgeschwindigkeit stattgefunden hatte, lief es diesmal anders ab.
Spaniens Trainer-Legende Sergio Scariolo hatte seinem Team offenbar zwei Dinge eingebläut: geduldig und physisch spielen. Die deutsche Mannschaft hatte zwar durchaus Mühe, wirkte nicht mehr ganz so leichtfüßig, aber sie hielt mit - und gestaltete das Match offen. Weil Maodo Lo kurz vor Schluss des ersten Viertels von ganz weit draußen traf, ging es mit 24:27 aus deutscher Sicht in den zweiten Durchgang.
In diesem dauerte es nicht lange, ehe Bundestrainer Gordon Herbert eine taktische Auszeit nahm. Der Grund: Routinier Rudy Fernandez hatte zwei Dreier innerhalb kurzer Zeit versenkt, während auf der Gegenseite die deutsche Offensive arge Probleme bekam - und kaum mehr scorte. Das lag auch an der exzellenten iberischen Defense, die mit ihrer Match-up-Zone kaum einmal leichte Würfe zuließ.
Zwischenzeitlich zogen die Iberer ergebnistechnisch auf 42:31 weg, doch die Deutschen gaben wie so oft in diesem Turner nicht auf und bliesen zu einer furiosen Aufholjagd: Angetrieben von Dennis Schröder, der in der ersten Halbzeit mit 19 Punkten und 5 Assists der mit Abstand auffälligste Spieler auf dem Court war, meldeten sich die DBB-Riesen eindrucksvoll zurück und lagen auch dank eines zwischenzeitlichen, in der Halle frenetisch umjubelten, 14:0-Laufs zur Halbzeit mit 51:46 vorne.
Der Schlüssel zum Erfolg lag in einer deutlich gesteigerten Defense, wie auch Daniel Theis bei "RTL" anmerkte. "Unsere Defense ist stärker geworden und wir haben leichte Punkte bekommen", sagte der 30-jährige Center und gab die Marschroute für das weitere Spiel vor: "Wir müssen Fast-Breaks laufen, dann kann Spanien seine Zone einfach nicht aufstellen."
Theis war es dann auch, der die ersten Punkte im dritten Abschnitt verbuchte. Einen Spanier bekam die deutsche Abwehr aber nicht zu fassen: Lorenzo Brown. Der eingebürgerte US-Amerikaner, der nie in Spanien gespielt hat, war Dreh- und Angelpunkt beim Weltmeister und trug maßgeblich dazu bei, dass die Furia Roja im Spiel blieb - und lediglich mit einem Sechs-Punkte-Rückstand (65:71) ins Schlussviertel ging.
Es war das erwartet knappe Duell zweier Teams, die sich nichts schenkten. 6:23 Minuten vor Schluss glich Juancho Hernangomez von den Utah Jazz per Dreier zum 77:77 aus - Herbert nahm daraufhin eine Auszeit. Zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt verließ die Deutschen das Wurfglück, während die Spanier einen kurzen Zwischenspurt hinlegten und bei noch zwei Minuten auf der Uhr mit sechs Punkten vorne lagen.
Deutschland probierte alles, doch der Ball fiel einfach nicht mehr - und Spanien zog dank eines 96:91-Sieges ins EM-Finale gegen Frankreich am Sonntag (LIVE! ab 20.30 Uhr bei kicker) ein. Für das deutsche Team um Kapitän Schröder, der mit 30 Punkten Top-Scorer der Partie war, geht es zuvor gegen Polen (17.15 Uhr) um die Bronzemedaille. Bester Spanier war wenig überraschend Brown mit 29 Zählern.
"Wir haben immer wieder Wege gefunden, aber hinten raus haben wir nicht so clevere Plays gehabt - und die haben an der Freiwurflinie nichts anbrennen lassen", fasste Johannes Thiemann nach Spielende zusammen und gab zu, dass die Niederlage "schwerfällt", allerdings wies er auch darauf hin, dass es noch etwas zu holen gibt: "Das Ziel war eine Medaille - und das Ziel ist immer noch möglich. Jedem ist bewusst, dass wir noch eine Riesenchance haben."
Ähnlich sah es Schröder, der forderte, am Sonntag "noch einmal 40 Minuten Gas zu geben", um das selbst gesteckte Ziel, eine Medaille, letztlich zu erreichen. Stolz ist der Kapitän aber jetzt schon auf das Erreichte. "Die Leute haben gesagt, dass wir nicht mal die Vorrunde überstehen. Wir haben das überstanden und dann gegen Montenegro und Griechenland gewonnen", blickte der Point Guard auf das Turnier zurück und ergänzte: "Mit den Jungs in der Kabine nehme ich jeden Gegner. Ich liebe die Jungs, die haben alles gegeben - für uns, für Deutschland, für die Fans."
Punkte Deutschland: Schröder (Vereinslos) 30, Obst (FC Bayern München) 15, Wagner (Orlando Magic) 15, Theis (Indiana Pacers) 10, Lo (Alba Berlin) 9, Thiemann (Alba Berlin) 6, Weiler-Babb (FC Bayern München) 4, Voigtmann (ZSKA Moskau) 2
Spanien: Brown 29, W. Hernangómez 16, J. Hernangómez 13, Diaz 10, Lopez-Arostegui 7, Fernandez 6, Brizuela 5, Garuba 4, Pradilla 4, Saiz 2
Zuschauer: 14.073 (ausverkauft)
drm