07.03.2025, 13:10
Rookie-Saison neigt sich dem Ende zu
Kaum ein Rookie der NBA-Geschichte erhielt jemals so viel Aufmerksamkeit wie LeBron James‘ Sohn Bronny - und gewiss keiner aus der zweiten Draftrunde. Abseits der großen Bühne schaffte es der 20-Jährige durchaus zu überzeugen. Doch reicht es wirklich für eine Karriere in der NBA?
25 Punkte, acht Rebounds und acht Assists - eine Statline, die einen umfassenden Einfluss auf das Spielgeschehen vermuten lässt. Es sind die NBA-Statistiken von Bronny James - allerdings nicht pro Spiel, sondern insgesamt in dieser Saison. 18 Spiele respektive 76 Spielminuten benötigte der 20-Jährige dafür. Sie sind Zeugnis einiger überaus durchwachsener Auftritte von LeBron James‘ ältestem Sohn, den die Los Angeles Lakers im vergangenen Draft an Position 55 gezogen hatten.
Mit Ausnahme der Anfangsphase der Saison läuft Bronny nur dann für die Lakers auf, wenn das Spiel de facto schon entschieden ist. Das ist nicht ungewöhnlich. Diese als "garbage time" bekannte Spielphase dient regelmäßig als Bühne für jene Spieler, die nicht zum Einsatz kommen, wenn es wirklich um etwas geht. Sie haben dann die Chance, sich zu beweisen - und das nicht etwa gegen die Lockdown-Defender der Titelanwärter, sondern eben auch nur gegen deren dritten Ersatz.
Bronny hatte in dieser Saison viele Gelegenheiten, sich zu beweisen. Von seinen 31 Wurfversuchen traf er nur acht. Noch schlimmer sah es bei den Distanzwürfen aus, wo er nur 20 Prozent traf.
Nun sollten diese Zahlen natürlich im richtigen Kontext verstanden werden. Bronny wartet manchmal mehrere Spiele auf einen Einsatz, der dann doch nur wenige Minuten dauert. Hinzu kommt, dass kaum ein anderer Rookie und schon gar kein Spieler der zweiten Draft-Runde so viele Augenpaare auf sich versammelt. Zudem ist die Stichprobe von 76 Spielminuten doch sehr klein.
Dennoch: Bronny bekam in seiner jungen Karriere schon zahlreiche Chancen in der ersten Reihe, was für einen 55. Pick freilich keine Selbstverständlichkeit ist. Diese Chancen nutzte er, mit Ausnahme einer Neunpunkte-Performance gegen Utah, viel zu wenig.
Bei seinen Auftritten wurde deutlich, dass James die körperlichen Voraussetzungen für einen Basketball-Profi mitbringt: Trotz seiner Größe von nur 1,88 Meter ist er - wie sein Vater - sehr kräftig gebaut und kann sich zudem fantastisch horizontal bewegen. In der Eins-gegen-Eins-Defense kamen diese Fähigkeiten ebenso wie seine schnellen Hände immer wieder zum Tragen.
Auf der anderen Seite des Parketts sah es weniger glanzvoll aus. Für einen eher kleinen Guard ist sein Ballhandling nicht ausreichend. Selbst in der G-League (auf die wir noch zu sprechen kommen) genügte schon geringer Gegnerdruck, um ihn in Bedrängnis zu bringen. Dazu ist sein Wurf höchstens Durchschnitt.
Glücklicherweise brauchten die Lakers keine 18 Spiele, um diese Erkenntnisse zu gewinnen. Bereits nach sechs Partien einigte man sich darauf, dass Bronny zwischen der NBA und der G-League pendeln sollte. Bei den Profis trainieren und lernen, bei den Amateuren spielen.
Ideal ist das System natürlich nicht. In der gesamten G-League-Saison absolvierte Bronny nur 14 von bisher 39 möglichen Spielen. Statt beim Farmteam der South Bay Lakers sitzt Bronny oft bei den Lakers auf der Ersatzbank - und wartet geduldig auf die Garbage Time.
In seinen Minuten in der G-League sollte er sich aber durchaus beweisen. In den sieben Spielen der regulären Saison kam Bronny in durchschnittlich 33 Minuten Spielzeit auf 21,9 Punkte, 5,4 Assists und fünf Rebounds. Kritische Stimmen, die Bronny mangelndes Talent für eine professionelle Basketballkarriere attestierten, sind in den letzten Monaten auch deshalb verstummt. Selbst gestandene Ex-Profis wie Devonte Graham, an dessen Seite Bronny zeitweise spielte, kamen in dieser Saison nicht auf vergleichbare Zahlen.
In der NBA Bronnys Achillesferse ist der Dreierwurf in der G-League mit knapp 40 Prozent Trefferquote einer seiner besten Argumente. Statistiken und Spiele in der Farmliga der NBA sind natürlich immer mit Vorsicht zu genießen, aber Bronny hat dort - vielleicht auch deshalb - immer wieder bewiesen, dass er abseits des großen Rampenlichts der Lakers seinen Rhythmus findet.
Lob gab es auch von Lakers-Cheftrainer JJ Redick. "Er hat bisher eine wirklich produktive Rookie-Saison gespielt. Er ist viel besser geworden, das sieht man."
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Dennoch muss Bronny den Schwung der vergangenen Wochen erst noch auf die große NBA-Bühne übertragen. Ob sein offensives Potenzial jemals für die beste Basketballliga der Welt ausreichen wird, kann nur die Zeit zeigen. Zu oft hat es schon vermeintliche G-League-Standouts gegeben, deren NBA-Karriere nie aus den Startlöchern kommen sollte
Etwas Ruhe und Planungssicherheit könnte Bronny der Vierjahresvertrag geben, den er im vergangenen Sommer bei den Lakers unterschrieben hat. Zumindest solange Papa LeBron in Purple and Gold auflaufen will, ist ihm wenigstens ein Platz im erweiterten Kader ohnehin sicher.
Für die Zukunft stellt sich aber früher oder später die Frage, was für ein Spieler Bronny werden und inwiefern er einem Team helfen kann. Seine defensiven Fähigkeiten stechen bislang deutlich heraus, weshalb ein zukünftiger Vergleich mit Spielern wie Alex Caruso oder Gary Payton II wünschenswert ist. Am Ball verfügt Bronny noch immer über viele Defizite, die eine zeitnahe NBA-Karriere in Vollzeit de facto ausschließen. Wenngleich seine Zukunft auf der ganz großen Bühne noch unklar erscheint, hat Bronny eines schon jetzt klargemacht: Ja, er gehört hier hin!
Julius Ostendorf