04.10.2024, 13:08
Die Niko-Backspin-Kolumne
Alle Sportler treten an, um Titel zu gewinnen. Doch ihre außergewöhnlichsten Leistungen reichen manchmal trotzdem nicht für eine Trophäe - auch in der NBA. Einige Spieler wurden Legenden des Sports und gehören zu den besten Basketballern aller Zeiten, die die Entwicklung des Spiels prägten. Aber: Sie gewannen nie die Larry O'Brien Trophy.
Im Sport dreht sich immer alles um Trophäen, oder? Wir reden ständig über Meisterschaften, Medaillen und Pokale. In der NBA gibt es nichts Größeres als die Larry O’Brien Championship Trophy - und die Spieler, die das gute Stück in die Höhe stemmen, werden umgehend zu Legenden. Namen wie Michael Jordan, LeBron James, Dirk Nowitzki oder Kobe Bryant sind untrennbar mit ihren Titeln und ihren Teams verbunden. Aber was ist eigentlich mit den Superstars, die nie das Glück hatten, Meister zu werden? Sind die automatisch weniger groß? Ganz sicher nicht! Einige der einflussreichsten und aufregendsten Spieler der NBA-Geschichte haben keinen Ring gewonnen - und trotzdem den Basketball für immer verändert.
Lassen wir mal die Ringe für einen Moment beiseite und schauen auf acht absolute Legenden, die, obwohl sie nie "gekrönt" wurden, den Sport und die NBA-Kultur geprägt haben wie nur wenige andere.
Fangen wir an mit Elgin Baylor (1958-1972). Wer in den 60er Jahren Basketball geschaut hat, weiß, was für ein Genie Baylor war. Der Typ hat das Spiel buchstäblich in die Luft gehoben! In einer Zeit, in der die meisten Spieler eher am Boden blieben, sprang Baylor zum Korb und machte spektakuläre Würfe aus der Luft. Er brachte eine Athletik ins Spiel, die es bis dahin nicht gegeben hatte. Das Problem? Die Boston Celtics. Sie standen ihm und seinen Lakers ständig im Weg. Acht Mal war Baylor in den Finals, acht Mal stand er am Ende ohne Ring da. Es war zum Haare raufen! Aber trotz dieses ewigen Scheiterns bleibt Baylor eine der größten Legenden des Spiels. Wäre er in einer anderen Ära gewesen, hätte er sicher einige Titel gewonnen, aber manchmal hat das Schicksal eben andere Pläne. Seine Art zu spielen und sein Einsatz für Bürgerrechte außerhalb des Spielfelds machen ihn unsterblich.
Kommen wir zu einem anderen Showman: Pete Maravich (1970-1980). "Pistol Pete" war der Inbegriff des kreativen, unkonventionellen Point Guards. Wenn du heute jemandem wie Steph Curry zusiehst, dann solltest du wissen, dass Maravich in den 70ern der Typ war, der das Fundament für diese Art von Spiel gelegt hat. Mit seinen irren Pässen und Handles hat er die Fans begeistert, aber auch er blieb ohne Titel. Das lag vor allem daran, dass er nie in einem wirklich konkurrenzfähigen Team landete. Seine Fähigkeiten waren auf MVP-Niveau, aber die Teams um ihn herum ... nicht so sehr. Trotzdem war Pete ein absoluter Gamechanger, und auch ohne Meisterschaft bleibt er eine Kultfigur.
Und jetzt Shawn Kemp (1989-2003), der "Reign Man". Wenn du in den 90ern Basketball geschaut hast, war Kemp einer der Spieler, bei dem du den Atem angehalten hast, sobald er auf dem Weg zum Korb war. Seine Dunks waren nicht einfach nur Dunks - sie waren Kunstwerke. Doch obwohl Kemp und die Seattle SuperSonics ein fantastisches Team waren, stand auch er am Ende ohne Ring da. 1996 erreichten sie die Finals, aber leider warteten dort die Chicago Bulls. Und du weißt, was das bedeutet: Michael Jordan. Es war fast unmöglich, gegen die Bulls zu gewinnen, und auch Kemp musste sich geschlagen geben. Trotzdem bleibt er für viele Fans ein Highlight der 90er und einer der aufregendsten Spieler, die je gespielt haben.
Charles Barkley (1984-2000) ist ein weiterer solcher Star, den jeder Fan kennt. Der Typ war eine Naturgewalt! Egal, wie groß oder stark seine Gegner waren - Barkley hat sich einfach durchgesetzt. Und dann noch sein Trash-Talk! Barkley war auf dem Platz eine Maschine und abseits davon eine der größten Persönlichkeiten der Liga. 1993 kam er den Finals ganz nah, aber natürlich stand auch ihm - wie so vielen - Michael Jordan im Weg. Es war tragisch, denn Barkley hatte in dieser Saison den MVP-Titel gewonnen und war in absoluter Topform. Aber auch ohne Ring? Ein unvergesslicher Spieler, der heute noch als TV-Experte eine Legende ist.
Klar, als New York Knicks Fan darf Patrick Ewing (1985-2002) in meiner Liste nicht fehlen. Der Knicks-Star war einer der dominantesten Center seiner Ära. Ewing führte das Team aus dem Big Apple in den 90er Jahren mehrmals tief in die Playoffs, doch jedes Mal blieb ihm der Titel verwehrt. 1994 verlor er in den Finals gegen Hakeem Olajuwon und die Houston Rockets, und 1999 scheiterten die Knicks an den San Antonio Spurs. Ewing war ein absolutes Monster in der Zone, ein MVP und ein mehrfacher All-Star, aber leider immer zur falschen Zeit am falschen Ort, um einen Ring zu gewinnen. Trotzdem bleibt er eine absolute Knicks-Legende und einer der besten Center, die das Spiel je gesehen hat.
Und dann ist da Allen Iverson (1996-2010) - die Rebellion auf zwei Beinen. Iverson war klein, aber auf dem Platz ein Riese. Seine Crossovers haben selbst die besten Verteidiger ins Leere laufen lassen, und sein Herz war einfach riesig. 2001 führte er die Philadelphia 76ers ins Finale, aber dort warteten die Lakers mit Shaquille O’Neal und Kobe Bryant. Trotz einer epischen Leistung in Spiel 1 (wir erinnern uns alle an seinen Step-over gegen Tyronn Lue!) reichte es nicht für den Titel. Aber Iverson? Der hat den Basketball verändert. Sein Stil, seine Attitüde, seine Verbindung zur Hip-Hop-Kultur - er hat die NBA in eine neue Ära geführt. Titel hin oder her, Iverson bleibt eine der prägendsten Figuren, die der Sport je gesehen hat.
Einer der größten Defensivspezialisten der NBA war Dikembe Mutombo (1991-2009). Sein berühmtes "No, no, no"-Fingerwackeln nach einem Block ist unvergessen. Mutombo war ein Meister des defensiven Spiels und einer der nettesten Typen, die jemals auf dem Court standen. Leider war Mutombo nie in einem Team, das stark genug war, um den Titel zu holen. Aber auch ohne Ring bleibt er eine Legende, nicht nur wegen seiner Blockstatistiken, sondern auch wegen seiner humanitären Arbeit. Er setzte sich enorm für wohltätige Projekte in seiner Heimat, der Demokratischen Republik Kongo, ein und baute ein Krankenhaus dort. Mutombo verstarb kürzlich an den Folgen von Krebs, aber sein Vermächtnis lebt weiter - sowohl auf als auch abseits des Platzes.
Zu guter Letzt hätten wir da Chris Paul (2005-heute). CP3 ist wahrscheinlich der beste Point Guard seiner Generation. Seine Fähigkeit, das Spiel zu kontrollieren, ist einfach unglaublich. Er hat so viele Teams nah an den Titel geführt, zuletzt die Phoenix Suns, doch irgendwie reichte es immer nicht ganz. 2021 waren sie in den Finals, aber auch da mussten sie sich geschlagen geben. Es ist fast schon tragisch, denn Paul ist einer dieser Spieler, der definitiv einen Titel verdient hätte. Aber egal, ob es irgendwann noch klappt oder nicht - CP3 hat das Spiel für immer geprägt.
Also, was macht einen Spieler wirklich groß? Sind es die Meisterschaftsringe? Oder ist es der Einfluss, den sie auf den Sport und die Fans haben? Diese Spieler zeigen, dass Größe weit über Trophäen hinausgeht. Sie haben das Spiel, das wir alle lieben, verändert, und dafür werden wir sie immer in Erinnerung behalten - ungekrönt, aber unvergessen.
Über den Autor
Niko Backspin ist Chief Cultural Officer bei Serviceplan Culture. Der Hamburger Hip-Hop-Journalist ist eine weitbekannte und geschätzte Größe in der internationalen Rap-, Breakdance und Graffiti-Szene. Mit seiner Plattform Backspin ist er auf einer Vielzahl von Kanälen zu Hause - im Podcast, auf YouTube, in TV-Reportagen. Niko ist langjähriger Fan der New York Knicks und engagiert sich sozial für die NGOs Viva con Agua und Basketball AID. Auf Instagram und LinkedIn könnt ihr ihm unter @nikobackspin folgen.
Niko Backspin