15.01.2025, 09:57
Kann nur ein Jimmy-Butler-Trade helfen - und wie sehr?
Eigentlich wollten die Phoenix Suns um die Meisterschaft mitspielen. Nach hoffnungsvollem Start unter Neu-Coach Mike Budenholzer folgte jedoch ein massiver Einbruch. Devin Booker kämpfte mit Effizienzproblemen, Bradley Beal kommt mittlerweile von der Bank, die Lineup-Anpassung gab Hoffnung. Fundamentale Defizite bleiben.
Es ließ sich so vielversprechend an. Acht ihrer ersten neun Spiele gewannen die Suns. Zwischenzeitlich verließ Phoenix das Parkett sieben Mal in Folge als Sieger. Mike Budenholzers Verpflichtung schien alle Hoffnungen zu bestätigen. Immerhin hatte er die Bucks binnen kürzester Zeit zu einer Regular-Season-Maschine geformt, die sogar eine Meisterschaft gewann. Würden die Suns nach Jahren der Enttäuschung nun endlich final in den Contender-Kreis aufsteigen? Sie würden nicht.
Während des heißen Starts verletzte sich Kevin Durant am Knöchel, und die Probleme begannen. 7 ihrer nächsten 24 Spiele verloren die Suns. Kurz wirkte es, als läge es nur an Durants Absenz. Doch auch nach seiner Rückkehr blieben die Dinge kompliziert. Nach der Niederlage in Atlanta steht Phoenix bei einer leicht negativen Bilanz (19-20). Derzeit reicht es nicht einmal für das Play-in.
Problematisch sind dabei einerseits Verletzungen der beiden Besten. Spielen Durant und Devin Booker, gewinnen die Suns regelmäßig. 17 Siegen stehen 8 Niederlagen gegenüber. Andererseits schien gerade Booker lange etwas mit Budenholzers neuem Ansatz zu fremdeln. Coach Bud legt Wert auf den Dreier, Phoenix nahm ihn im Ligavergleich aus Prinzip eher selten.
Sowohl Booker als auch Durant perfektionierten über ihre Karrieren das Spiel aus der Mitteldistanz. Entsprechend drückten vergangene Saison nur fünf Teams seltener von draußen ab als Phoenix (32,6 Dreier pro Spiel). In diesem Jahr stehen die Suns mit 37,5 Versuchen aus der Distanz immerhin im Mittelfeld.
Gleichzeitig verschob das auch ein wenig Bookers Fokus. Mehr als seine 7,7 Dreier pro Spiel nahm er noch nie. Durchschnittlich mindestens 7 Distanzwürfe versuchte er während seiner gesamten Karriere erst zwei Mal. Insgesamt wirkte es, als sei einem der besten Scorer der Liga ein wenig das Selbstverständnis abhanden gekommen. Die Quoten aus dem Feld (44 Prozent 3FG) sind die schwächsten seit 2017/18. Ungenauer von draußen traf Book letztmals 2018/19, und auch das Scoring sank auf den niedrigsten Wert seit sieben Jahren (25,2 Punkte).
Gleichzeitig gibt es Hoffnung. Über die letzten sechs Spiele legt Booker 28 Punkte bei 48 Prozent aus dem Feld und 35,7 Prozent von draußen, dazu 8,2 Assists auf. Ein überschaubarer Auftritt gegen die Sixers (3/16 FG, 1/5 3FG, 10 Punkte) zieht die Statistik dabei sogar etwas nach unten. Insgesamt scheint Booker jedoch von einer fundamentalen Veränderung bei den Suns zu profitieren.
Dass Bradley Beal neben Durant und Booker startete, war angesichts seines Status selbstverständlich. Gern sprachen die Suns von einer Big Three. Vergangenheit. Seit dem Spiel gegen Philadelphia am 7. Januar kommt Beal wie Yusuf Nurkic von der Bank (letzterer spielt mittlerweile überhaupt nicht mehr). Budenholzer musste etwas tun. Durch eine Niederlage gegen Indiana waren die Suns drei Spiele unter die 50-Prozent-Marke abgerutscht. Budenholzer handelte und adjustierte damit die Teambalance.
Mit Tyus Jones hatten die Suns im Sommer endlich einen echten Point Guard verpflichtet. Noch dazu einen, der das Spiel effizient lenken kann, ohne groß glänzen und den Ball für sich reservieren zu müssen. Endlich eine ordnende Hand, die all die Scorer zusammenführen würde, so die Hoffnung. Nur verschob sich auch das Gleichgewicht. Vergangene Saison hatten Booker und Beal nebeneinander noch gut funktioniert (+136 in 1.111 Minuten). Book gab den de facto Point Guard, Beal den Zweier. Die Grenzen ließen sie immer wieder verschwimmen. Gleichzeitig spielten sie für sich natürlich Rollen.
Mit Jones auf der eins musste einer der beiden wiederum auf die Drei ausweichen. Minimale Veränderung, maximaler Effekt? Am Ende ist vieles Spekulation. Gepaart mit einer unter Budenholzer angepassten Offense triggerten leicht angepasste Rollenverteilung und Anforderungen eventuell dezente Anpassungsschwierigkeiten. Dem wirkt die Lineup-Veränderung entgegen. Booker startet neben Jones, Beal kommt von der Bank teilweise für Jones. Beide können so besser ihren Rhythmus finden.
Zumal Budenholzer, beispielsweise beim Sieg gegen Charlotte, Booker zu Spielbeginn seine favorisierten Spots in der Mitteldistanz anvisieren lässt, um so seinen Rhythmus zu finden. Und auch Beal scheint die Rolle anzunehmen. Vor der Niederlage gegen die Hawks legte er in fünf Spielen von der Bank 17,4 Punkte auf. Die Rolle schrumpfte zwar minimal, der Wurf jedoch war da, ebenso der Einsatz. Selbst die Minuten blieben mit rund 32 konstant.
Selbstverständlich ist all das nicht. "Das ist natürlich keine einfache Veränderung für ihn, für niemanden in der Position", sagte Booker nach den Anpassungen. "Gleichzeitig haben wir alle einen Job zu erledigen, und er geht einfach weiter da raus. Großes Kompliment an ihn." Grayson Allen fügte an, Beal habe über seine beiden Jahre in Phoenix viele Dinge tun müssen, die ungewohnt für ihn gewesen seien. "Damit ist er immer ziemlich gut umgegangen und hat immer getan, was von ihm verlangt wurde."
Kevin Durant hat wiederum das Gefühl, Beal bekäme nun mehr Gelegenheiten, den Ball in der Hand zu halten. "Wir haben eine vielseitige Gruppe, und manchmal verirrst du dich in all den Mischungen ein wenig. Das passiert uns allen. Wir haben ein gutes Teams. Aber ich habe das Gefühl, dass er immer noch das gleich Spiel spielt, nur etwas aggressiver."
Auch insgesamt findet das Zwischenfazit positive Tendenzen. Vier ihrer sechs Spiele gewannen die Suns nach dem Wechsel. Zur Wahrheit gehört gleichzeitig, dass sie dabei gegen immer noch strauchelnde Sixers, Utah, Atlanta und Charlotte spielten. Gegen die Hornets verloren die Suns sogar einmal, ehe die zuhause knapp gewannen. Nicht einmal einfach war es. Lange ging es hin und her, bis Phoenix in den finalen Minuten den Sieg sicherte.
Auf Momentum hofft Booker dennoch. "Mittlerweile haben wir einfach zu oft verloren", sagte er nach dem Spiel. "Wir brauchen jeden einzelnen Sieg. Wir nehmen jetzt den Spiel-zu-Spiel-Ansatz, aber unser Dringlichkeitsgefühl muss hoch sein. Wir haben ein gutes Beispiel, was für uns funktioniert und was nicht. Darauf müssen wir aufbauen und lernen."
Wer tatsächlich "funktioniert", ist Oso Ighodaro. Der Rookie ist sogar einer der Gründe, dass Nurkic seinen Platz in der Rotation komplett verlor. Zwar ist er kleiner und schmaler, dafür athletischer. Ein wichtiger Faktor für Coach Budenholzer. Ighodaro gibt den Suns andere Möglichkeiten defensiver Ansätze, gerade gegen das Pick and Roll und als Ringbeschützer.
Dazu versteht er das Spiel für einen Rookie bereits jetzt sehr gut. Ighodaro setzt kluge Blöcke, so auch in den finalen Minuten gegen die Hornets. Noch lagen die Suns mit 111-113 zurück. Ighodaro fand für den ballführenden Booker den richtigen Winkel, rollte geduldig, perfekt getimt Richtung Zone und erhielt den Ball für einen einfachen Dunk. Wenig später antizipierte er, dass Mark Williams Durant am Zonenrand doppeln würde, cuttete in die Zone und durfte erneut frei unter dem Korb abschließen.
"Seine Lernkurve ist sehr steil", lobte danach auch Booker. "Er kennt das Spiel, deshalb können wir mit ihm diese intelligenten Basketballunterhaltungen führen." Dass Ighodaro mit maximalem Einsatz spielt, rundet das positive Bild ab. Gleichzeitig ist er ein Zweitrundenpick im ersten Jahr. Den Unterschied zwischen Play-in und Contenderstatus dürfte Ighodaro nicht ausmachen. Zumal es ein wenig an Physis fehlt. Gerade am Brett. In Atlanta gaben die Suns beispielsweise 20 Offensiv Rebounds ab. Auch deshalb würde Phoenix laut diverser Gerüchte gern einen weiteren Center ertraden.
Ebenfalls ganz oben auf der Wunschliste soll Jimmy Butler stehen. Eine Verpflichtung wäre eine weitere Fundamentalanpassung. Eventuell eine nötige. Denn so dezent positiv die Entwicklung der letzten Woche sein mag, stabil ist noch nichts, was nicht zuletzt die Niederlage gegen Atlanta zeigt. Zumal die Suns weiter zu den schwächsten Defensivteams der Liga zählen (Defensive Rating 115,2, Rang 22), zudem ein negatives Net Rating (-1,5) haben.
Trotz Budenholzers Balanceanpassungen wirkt das Roster unausgewogen. Zu oft müssen die Suns kleinere Geschäfte eingehen, Defense gegen Offense, Athletik gegen Physis tauschen. Rookie Ryan Dunn, der Beal de facto als Starter ablöste, ist beispielsweise ein sehr guter Verteidiger. Steht er auf dem Feld, profitiert Phoenix’ Defense auch statistisch, lässt laut Cleaning the Glass pro 100 Ballbesitze 1,9 Punkte weniger zu. Gleichzeitig trifft er nach einem überraschend heißen Start von draußen während seiner letzten 15 Spiele nur noch 30,2 Prozent seiner Dreier.
Als einer der besten Two-Way-Spieler der letzten Jahre könnte Butler definitiv helfen. Doch wie viel? Und wie gut könnte er sich ins Gefüge eingliedern? Dass Beal in einen möglichen Deal involviert werden, dafür aber erst auf seine vertraglich festgesetzte No-Trade-Klausel verzichten müsste und gegen die Hawks auch noch umknickte, erschwert das Vorhaben zusätzlich. So groß die Hoffnungen zu Saisonbeginn waren, den klaren Weg Richtung Contender sehen die Suns derzeit wohl nicht…
Max Marbeiter