14.02.2025, 12:40
Fenerbahce wollte den Guard verpflichten
Mac McClung hat mit seinen spektakulären Dunks das NBA All-Star-Weekend in den letzten Jahren geprägt. Doch während er in der Dunk-Contest-Geschichte auf Rekordjagd geht, bleibt die große Frage: Hat er das Zeug, in der NBA wirklich Fuß zu fassen?
Am Samstagabend in San Francisco steht Mac McClung wieder im Rampenlicht: Zum dritten Mal in Folge will er den Dunk Contest gewinnen - ein Kunststück, das in der NBA-Geschichte noch niemand geschafft hat. Mit seinen kreativen, scheinbar mühelosen Dunks hat er sich längst zum Fan-Favoriten gemacht. Doch dieses Mal warten mit Stephon Castle (San Antonio Spurs), Matas Buzelis (Chicago Bulls) und Andre Jackson Jr. (Milwaukee Bucks) gleich drei hoch talentierte Konkurrenten auf ihn.
Während sich seine Gegner nach dem Wochenende wieder auf ihre Rollen in der NBA konzentrieren, bleibt McClung ein Rätsel: ein dominanter G-League-Spieler, ein unaufhaltsamer Dunker - aber ohne echte NBA-Chance.
Während McClung in der G-League dominiert, ist seine NBA-Karriere bisher kaum der Rede wert. Dabei galt er einst als eines der spektakulärsten High-School-Talente. Seine Dunk-Highlights gingen viral und er wurde zu einer Internet-Sensation. Mit 2.801 Punkten wurde er zum besten Scorer der Virginia High School League Geschichte. Angeführt von McClung gewann Gate City seinen ersten State Championship-Titel, nachdem er im Finale 47 Punkte aufgelegt hatte.
Nach Stationen an den Colleges Georgetown (Fun Fact: Headcoach war Knicks-Legende Patrick Ewing) und Texas Tech, wo er als Big 12 Newcomer of the Year ausgezeichnet wurde, wagte er 2021 den Sprung in die NBA - doch er blieb ungedraftet.
In insgesamt fünf NBA-Spielen für vier verschiedene Teams kam er bislang nur sporadisch zum Einsatz. Seine beste Chance hatte er 2022/23 bei den Philadelphia 76ers, als er in zwei Spielen am Ende der Saison 12,5 Punkte, 5 Rebounds und 4,5 Assists auflegte. Doch da die Playoff-Plätze bereits feststanden, waren diese Minuten kaum aussagekräftig.
Dagegen sieht seine G-League-Karriere ganz anders aus: Über vier Saisons hinweg legt er dort 22,6 Punkte, 6,3 Assists und 4,5 Rebounds pro Spiel auf. In der letzten Saison bei den Osceola Magic steigerte er sich sogar auf 25,7 Punkte und wurde zum G-League MVP gekürt. Er gewann zudem 2023 die G-League-Meisterschaft mit den Delaware Blue Coats und führte sein Team im entscheidenden Spiel mit 30 Punkten und acht Assists zum Titel.
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Die NBA hat sich verändert - und das zum Nachteil von Spielern wie McClung. Während in der Vergangenheit kleine Guards eine wichtige Rolle spielten, sind sie heute eine aussterbende Spezies.
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Aktuell gibt es nur vier Spieler in der NBA mit einer Körpergröße von 6'1" (1,85 m) oder kleiner, die mindestens 15 Punkte pro Spiel auflegen. Trae Young, Fred VanVleet, Darius Garland und Terry Rozier halten die Fahne für diese Spielertypen hoch. Vor zehn Jahren waren es noch doppelt so viele, darunter Isaiah Thomas, Chris Paul und Kyle Lowry. Setzt man die Messlatte tiefer und betrachtet alle Guards unter 1,85 m, die mindestens fünf Punkte pro Spiel erzielen, findet man aktuell nur 18 Spieler in der NBA - im Vergleich zu 25 Spielern vor einem Jahrzehnt. Hebt man die Grenze auf zehn Punkte pro Spiel, fällt die Zahl auf nur noch sieben Spieler.
Doch selbst solide Statistiken reichen nicht aus, um sich in der Liga zu halten. Viele Spieler dieser Größenklasse zieht es nach Europa - wie etwa Mike James, der kürzlich zum EuroLeague-Allzeit-Topscorer avancierte, oder Markus Howard, der als ehemaliger NBA-Spieler nun in Europa für Furore sorgt. Shane Larkin, einst ein NBA-Erstrundenpick, hat sich in Europa sogar zum zweifachen EuroLeague-Champion entwickelt. Diese Entwicklung zeigt sich auch an den besten Scorern der beiden Ligen: In der EuroLeague sind acht Spieler mit einer Körpergröße von 1,85 m oder kleiner unter den Top 50 Scorern. In der NBA schafft das nur Trae Young.
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Doch es geht nicht nur um die offensive Produktion. Der wohl entscheidende Punkt, warum kleine Guards in der modernen NBA kaum noch gefragt sind, ist die Verteidigung. Die NBA wird von langen, vielseitigen Flügelspielern dominiert, die mehrere Positionen verteidigen können. Da Teams möglichst viele dieser Spielertypen im Kader haben wollen, wird es für undersized Guards immer schwerer.
Das Hauptproblem? Die Defense. Die meisten Teams in der NBA setzen auf eine Switch-Defense, bei der Spieler flexibel zwischen den Gegenspielern wechseln. Für kleine Guards wie McClung bedeutet das eine ständige Mismatch-Gefahr gegen größere und physisch überlegene Gegenspieler. Zudem sind viele NBA-Teams dazu übergegangen, in der Verteidigung Drop Coverage zu spielen, bei der der große Verteidiger tief in der Zone bleibt und der Guard den Wurf von hinten stören soll. Doch wenn ein kleiner Guard wie McClung nur eine begrenzte Spannweite hat, ist das schlicht nicht effektiv.
Die einzige Möglichkeit, diese defensive Schwäche zu kaschieren? Herausragende Offensivqualitäten. Doch um sich trotz defensiver Defizite durchzusetzen, müsste McClung über eine Trae-Young-artige Offensive verfügen - und das ist nicht der Fall.
Angesichts dieser Umstände ist es kaum verwunderlich, dass McClung vor einem schwierigen Karriereweg steht. Ein Wechsel nach Europa wäre finanziell lukrativ und sportlich sinnvoll - doch für McClung bleibt die NBA der ultimative Traum.
Im Sommer 2023 lehnte er ein Millionen-Angebot von Fenerbahce ab, wie er gegenüber The Athletic verriet. Der türkische EuroLeague-Riese wollte ihn verpflichten, doch McClung entschied sich, in der G-League zu bleiben, um weiter um einen NBA-Vertrag zu kämpfen. "Es ist nicht so, dass ich nicht nach Europa gehen will. Mein Ziel ist es einfach, in der NBA zu spielen", sagte McClung. "Wenn ich erst nach Europa muss, um in die NBA zu kommen, dann ist das so. Aber ich werde nichts ausschließen."
Ob er jemals in der besten Basketballliga der Welt Fuß fassen wird, bleibt ungewiss. Doch eines steht fest: Beim Dunk Contest gehört ihm die große Bühne - und vielleicht bald auch ein Platz in der Geschichte.
Zu den Dunk Contest Teilnehmern geht es hier.
Sam Müller