11.03.2025, 09:31
Das komische Ende einer "Ära" steht bevor
Kevin Durant und die Phoenix Suns stehen nach bloß etwas mehr als zwei Jahren schon wieder vor einer Trennung, das Team wollte ihn sogar schon im Februar abgeben. Wie konnte es beim vermeintlichen Contender so schnell so massiv bergab gehen - und welchen Anteil daran hat eigentlich KD selbst?
Mit viel Phantasie ließe sich bei den Suns am Sonntag eine Art Initialzündung feststellen. Mit 125:116 gewann der Elftplatzierte des Westens gegen Dallas, das Team, das einem Auftritt im Play-In derzeit noch im Weg steht. 2,5 Spiele Abstand sind es nun, nach den Spielen des Montags (Phoenix verlor gegen Memphis), den Tiebreaker mit den strauchelnden Mavs hält Phoenix. Noch ist die Saison der Suns nicht vorbei, könnte man sagen.
Faktisch ist das auch korrekt. Wie ein Team, das noch an seine Chance glaubt, wirkt Phoenix jedoch schon seit einer Weile nicht mehr; im Gegenteil, seit einer verkorksten Trade Deadline inklusive Verprellung eines der beiden besten Spieler wird in der Wüste Arizonas gefühlt nur noch das Ende einer Ära abgewickelt wie eins der Hypothekengeschäfte von Besitzer Mat Ishbia.
Selbst wenn Phoenix das Play-In noch erreichen sollte, der Fokus richtet sich hier bereits seit längerem auf die Offseason, auf den Weg nach draußen, so es denn einen gibt. Als beinahe sicher gilt, dass Kevin Durant, der schon im Februar kurz vor einem Trade stand, das Team nach knapp zweieinhalb Jahren wieder verlassen wird.
Was zu einer ganzen Reihe von Fragen führt. Die wichtigste vielleicht zuerst: Was bekäme ein aufnehmendes Team in KD eigentlich zurück?
Mit etwas weniger Phantasie ließe sich Durant noch immer als "der gleiche KD" beschreiben. Seine Boxscore-Zahlen sind nahe an seinem Karriereschnitt, die Effizienz ist sogar besser. Er bleibt ein unwiderstehlicher, ein fast automatischer Scorer; in 52 Spielen dieser Saison hat er 46mal zwischen 20 und 39 Punkten erzielt, nur fünf Spieler erzielen mehr als seine 26,9 Punkte.
Diese Konstanz in seinem Alter ist und bleibt phänomenal, wenngleich in der aktuellen Ära nicht direkt einzigartig (siehe LeBron James und Stephen Curry). "Ich fühle mich wie jemand in seinen 30ern", sagt der 36-Jährige zu Andscape. "Manchmal steigt man morgens aus dem Bett und fühlt eine Kleinigkeit. Aber meine Energie ist noch da, ich fühle mich gut. Ich fühle mich noch immer so, als könnte ich 48 Minuten spielen und effizient sein. Ich fühle mich großartig."
Uneingeschränkt lässt sich dieser Eindruck nicht unterschreiben. Durants Advanced Stats sind noch immer gut, aber signifikant unter dem früheren Niveau, als er über Jahre immer ein Top-10-Spieler war. Die Offense läuft etwas häufiger ohne KD-Beteiligung, als angemessen wäre. Die Defense ist auch in seinen Minuten grausig (118,3 erlaubte Punkte pro 100 Ballbesitzen).
Das größte Problem indes geht über individuelle Leistungen hinaus und unterscheidet ihn von den alten Team-USA-Weggefährten LeBron und Curry: Sein Team ist nicht gut, spielt keinen relevanten Basketball, ist die außerhalb Philadelphias größte Enttäuschung dieser NBA-Saison. Was nicht in erster Linie an ihm liegt. Was aber natürlich auch mit ihm zusammenhängt.
Durant Stats | Punkte | FG | 3FG | FT | Rebounds | Assists |
---|---|---|---|---|---|---|
Über seine Karriere | 27,2 | 50,20% | 38,80% | 88,20% | 7 | 4,4 |
2025 | 26,8 | 52,70% | 40,90% | 83,20% | 6,1 | 4,3 |
Die Suns ernten aktuell die Früchte ihres katastrophalen Missmanagements der letzten Jahre. Insbesondere der 2023er Offseason: Bradley Beal hat sich nicht als dritter Star entpuppt, sein Vertrag ist aufgrund der No-Trade-Klausel schädlicher als jeder andere der Liga und läuft noch bis 2027. Jusuf Nurkic war so wenig "die Lösung" für die Suns, dass sie im Februrar 2025 einen ihrer wenigen Draft-Picks an Charlotte schicken mussten, um seinen Vertrag loszuwerden.
In gewisser Weise spielt aber natürlich auch der KD-Trade in die Probleme der Suns mit hinein. Für ihn gaben sie im Februar 2023 ihre beiden besten jungen Spieler (Mikal Bridges und Cam Johnson), vier Erstrundenpicks und einen Pick-Swap an Brooklyn ab, in der Hoffnung, mit zwei Top-10-Spielern in ihm und Devin Booker auch ohne Tiefe titelreif sein zu können.
Das war offensichtlich eine Fehlkalkulation, auch wenn Phoenix 2023 immerhin die zweite Runde erreichte und dort zwei Spiele gegen Meister Denver gewann - das Highlight dieser "Ära". Der vielleicht größte Irrtum dabei war, dass die Suns ihr Team im Stile eines Fantasy-Teams konstruierten und über Fit oder dergleichen kaum nachzudenken schienen.
Durant in seiner Blütezeit war ein Spieler, der alles konnte. Der beste Scorer der Liga, der gleichzeitig auch mal Spiele in der Defense verändern (2018 bekam er Stimmen bei der DPOY-Wahl) und Schwächen seiner Rollenspieler-Kollegen bisweilen im Alleingang kaschieren konnte. So viele Schwächen wie die aktuellen Suns hatten seine Teams fairerweise allerdings selten.
Um die 2025er Suns zu einem Top-Team zu machen, müsste Durant wahrscheinlich tatsächlich wie der DPOY auftreten und ein elitärer Rebounder sein. Das ist natürlich zu viel verlangt - in diesen Bereichen seines Spiels ist ohnehin viel mehr Regression zu erkennen als beim Scoring. Tiefe oder Co-Stars würden ihn hier idealerweise (mit-)tragen, aber seine Co-Stars (was bei Beal sehr großzügig formuliert ist) sind schlechtere Verteidiger als KD, und die Tiefe ist eben längst aus dem Fenster geflogen.
Die Suns sind klein, nicht sonderlich physisch oder athletisch, und sie beschäftigen hinter ihrer Top 3 wohl keinen Spieler, der bei einem Contender starten würde. Ihre beiden vermeintlichen Top-10-Spieler sind in dieser Spielzeit keine echten Top-10-Spieler, und sie sind sich in Stärken und Schwächen zu ähnlich. Schwer, damit in einer immer tiefer werdenden Liga Erfolg zu haben.
All das war anders geplant. Es führt zu Frust, natürlich. Bei den Fans, die das Team über die vergangenen Wochen immer mal wieder ausbuhten („Steht einfach auf und geht, wenn ihr keine Lust mehr habt, diesem Team dabei zuzusehen, wie es schlechten Basketball spielt. Wir würden das verstehen“, sagte Durant dazu.
Bei Coach Mike Budenholzer und seinen Stars, deren Beziehungen zuletzt mehrfach in Frage gestellt wurden. Bei Durant, der seit dem Trade-Versuch der Suns rund um die Deadline verständlicherweise verärgert ist. Natürlich auch bei den Suns, die sich in eine knifflige Situation manövriert haben und schon vergangenen Monat versuchten, dort wieder herauszukommen.
Durant legte damals ein Veto ein, ansonsten würde nun er statt Jimmy Butler in Golden State spielen. „Ich wollte nicht umziehen, und ein Spieler wie ich - ich koste viel. Es ändert viel, jemanden wie mich in ein Team aufzunehmen“, erklärte er dazu Draymond Green in dessen Podcast. "Aus meiner Perspektive ergab das nun einfach für beide Seiten keinen Sinn."
Die Erwartung ist nun jedoch, dass in der Offseason ein neuer Versuch gestartet und dann auch umgesetzt wird. Insidern zufolge wollen Durant und die Suns dann zusammenarbeiten, um einen passenden Fit für ihn zu finden. Was wiederum gar nicht so einfach sein könnte.
Die Get-out-of-Jail-Free-Karte für die Suns wird Durant nicht sein. Zum Start der kommenden Saison ist er 37 Jahre alt und spielt auf einem auslaufenden Vertrag (knapp 55 Mio. Dollar) - ein Paket wie das der Suns in 2023 kann es, wird es für ihn nicht mehr geben. Ihre Zukunft bekommen sie für ihn nicht zurück (dafür müssten sie auch den jüngeren Booker auf den Tisch legen). Wobei das dann ja nicht mehr sein Problem wäre.
Interessenten wird es logischerweise trotzdem geben. Die Timberwolves etwa sollen schon vor der Deadline angefragt haben, obwohl sie rechnerisch eigentlich keine Möglichkeit hatten, für ihn zu traden - im Sommer wird das theoretisch etwas leichter. Zwischen Houston und Phoenix besteht eine Verbindung, da die Rockets mehrere der künftigen Suns-Picks halten.
Bevor in Dallas alles den Bach runterging, galten auch die Mavs als interessiert. Wahrscheinlich wird sich auch noch das eine oder andere Team ins Rennen einschalten. Vielleicht starten sogar die Suns nochmal einen neuen Versuch, auch wenn das angesichts der laufenden Saison sehr unwahrscheinlich erscheint.
Durant ist noch immer überaus reizvoll als Closer, als einer der besten Scorer der Welt, der ein gutes Team auf die nächste Stufe heben könnte. Ein Spieler, für den es Sinn ergeben würde, die Zukunft und Struktur eines Teams zu verpfänden, ist er aber schon angesichts seines Alters nicht mehr - eher das finale Puzzlestück als ein franchise-definierender Superstar.
Es ist mittlerweile sechs Jahre her, dass KD zuletzt die zweite Playoff-Runde überstanden hat. Ein signifikanter Anteil dieser Jahre verlief chaotisch bis desaströs, Contender-Level erreichte sein Team nur in 2022 mal kurzfristig. Natürlich lag das alles mitnichten nur an ihm … für eine Legende seines Stellenwerts ist diese Bilanz dennoch mindestens schade, umfasst sie doch immerhin ein Drittel seiner Laufbahn.
Natürlich ist Durant immer noch dazu in der Lage, Großartiges zu leisten. Es hatte seine Gründe, dass Team USA in brenzligen Situationen oft ihn suchte, als es in Frankreich um Olympia-Gold ging. Aber: Bei jemandem wie KD kann das nicht der einzige Maßstab sein. Mal sehen, ob das nächste Kapitel seiner NBA-Geschichte den Trend der letzten beiden nochmal umkehren kann.
Ole Frerks