12.03.2025, 13:35
Kein March Madness für das Star-Duo
Flagg und dann? Auch Harper und Bailey haben Star-Potenzial
Mit Ace Bailey und Dylan Harper hatten die Rutgers Scarlet Knights zwei der besten Freshmen des Landes im Kader - doch ihre Saison verlief nicht wie erhofft. Statt March Madness bleibt ihnen nur der Blick auf den NBA Draft, wo sie dennoch als Top-Talente gehandelt werden.

Die Erwartungen an Rutgers waren vor der Saison so hoch wie nie. Mit Dylan Harper und Ace Bailey schnappten sich die Scarlet Knights zwei der besten High-School-Talente des Landes. Harper, ein 5-Star-Recruit aus New Jersey, lehnte Angebote von Basketball-Giganten wie Duke, Auburn und Kansas ab, um in seiner Heimat für Rutgers zu spielen. Bailey, der als Nummer zwei im ESPN Top 100 Ranking 2024 hinter Cooper Flagg gelistet wurde, entschied sich trotz eines Angebots von Kentucky ebenfalls für die Scarlet Knights.
Individuell lief die Saison für beide herausragend. Harper, Sohn des fünfmaligen NBA-Champions Ron Harper, erzielte im Schnitt 19,2 Punkte, 4,5 Rebounds und 3,9 Assists pro Spiel und etablierte sich als einer der besten Guards des Landes. Seine Vielseitigkeit als Scorer, gepaart mit seiner physischen Stärke und seinem Spielverständnis, machten ihn zur unangefochtenen ersten Option seines Teams. Highlights waren seine Back-to-Back-Spiele mit 36 und 37 Punkten, die eindrucksvoll zeigten, warum er als Top-Guard im kommenden Draft gehandelt wird.
Bailey, der als potenzieller Nummer-1-Pick galt, überzeugte mit 17,6 Punkten, 7,2 Rebounds und 1,3 Blocks pro Spiel. Seine 39-Punkte-Gala gegen Indiana war ein Beweis für sein herausragendes Scoring-Potenzial.
Bailey und Harper - Stars ohne Happy End
Doch trotz der individuellen Klasse der beiden blieb Rutgers in der Big Ten Conference hinter den Erwartungen zurück. Die aktuelle Bilanz von 15-16 (8-12 in der Conference) wird aller Voraussicht nach nicht für eine Teilnahme am March Madness Turnier reichen. Nur der Gewinn des Big Ten Tournaments würde dies verhindern, Rutgers geht aber nur als 11-Seed ins Rennen.
Der große Hype verwandelte sich schnell in Ernüchterung. Die fehlende Tiefe im Kader und defensive Schwächen machten die Scarlet Knights zu einer Mannschaft, die sich oft auf das individuelle Talent ihrer beiden Stars verlassen musste - zu oft, um konstant erfolgreich zu sein.
Harper: Ball-Dominanz und Entwicklungspotenzial
Stattdessen hatten die beiden Top-Talente beinahe Narrenfreiheit. Der 19-jährige Harper ist ein extrem balldominanter Spieler - zumindest bei Rutgers, wo er die offensive Last tragen musste. In seinen 32 Minuten Spielzeit pro Partie hält er oft lange den Ball, was nicht immer zur besten Entscheidungsfindung führt. Seine Assist-to-Turnover-Ratio von 1,7 zeigt, dass sein Playmaking noch ausbaufähig ist. Allerdings hat der Linkshänder das Potenzial, sich in diesem Bereich weiterzuentwickeln, insbesondere in der NBA, wo er von talentierten Mitspielern umgeben sein wird und nicht alles allein kreieren muss. Sein Shooting aus dem Dribbling ist noch inkonstant, doch mit 35 Prozent Dreierquote zeigt er zumindest solide Ansätze. Besonders als Spot-up-Shooter überzeugte er bereits, was in der NBA von großer Bedeutung sein wird - gerade in Teams mit mehreren Ballhandlern.
Defensiv bringt Harper alle Voraussetzungen mit, um Positionen eins bis drei zu verteidigen. Seine Größe von 1,98 m, seine Spannweite von 2,08 m und sein robuster Körperbau (95 Kilo) ermöglichen ihm, sich auch gegen größere Gegenspieler zu behaupten. Gleichzeitig erlaubt ihm seine Explosivität, schnelle Guards zu verteidigen. Dennoch wird er nicht primär wegen seiner Defense gedraftet - sein Defensivpotenzial hat er bei Rutgers nicht konstant abgerufen, was wohl auch mit seiner enormen offensiven Verantwortung zusammenhängt. Gegen wendigere, schnellere Guards könnte er in der NBA Probleme bekommen, doch seine physischen Voraussetzungen bieten eine starke Grundlage für defensive Entwicklung.
Bailey: Der Prototyp eines modernen Forwards
Bailey ist dagegen ein dünner, aber vielseitiger 2,08 m großer Forward mit einer Spannweite von 2,13 m - physische Voraussetzungen, die es ihm ermöglichen, bis zu vier Positionen zu spielen. Sein Scoring ist hochgradig variabel: Er trifft 35 Prozent von der Dreierlinie bei über fünf Versuchen pro Spiel, kann aus der Midrange scoren und nutzt seine Größe effektiv, um über Verteidiger zu werfen. Seine Athletik und Länge helfen ihm, sich ohne viel Dribbling Räume zu schaffen, und er kann in vielen verschiedenen Rollen punkten - sei es als Spot-up-Shooter, als Scorer in Isolation oder in der Transition. Seine offensive Vielseitigkeit macht ihn zu einem der spannendsten Prospects der Klasse.
Defensiv bringt Bailey enormes Potenzial mit. Er kann sowohl am Perimeter als auch in der Zone verteidigen und hat eine gute Antizipation für Blocks und Steals. Dennoch zeigt sich sein Spielverständnis noch nicht immer ausgereift, und er neigt dazu, sich defensiv aus der Position bringen zu lassen. Sein Ballhandling ist ebenfalls ausbaufähig, was ihn aktuell noch zu einem eher abhängigen Scorer macht, der stark von guten Setups profitiert. Trotzdem besitzt er das Potenzial, ein Two-Way-Star auf NBA-Niveau zu werden - sein Skillset erinnert nicht umsonst an Spieler wie Brandon Miller oder Paul George.
Der Blick nach vorn: Die NBA wartet
Trotz des enttäuschenden Team-Ergebnisses bleibt der Blick nach vorne gerichtet. Cooper Flagg gilt als nahezu sicherer Nummer-1-Pick im NBA-Draft 2025, auch wenn zuletzt Spekulationen aufkamen, dass er ein weiteres Jahr am College bleiben könnte. Sollte er tatsächlich antreten, sind Bailey und Harper die klaren Favoriten auf die nächsten beiden Picks.
Während Harper als bester Guard der Klasse vor Illinois' Kasparas Jakucionis gehandelt wird, könnte er sich am Ende als der wertvollere Pick erweisen. Seine Spielintelligenz, seine physischen Voraussetzungen und seine Fähigkeit, sowohl als Scorer als auch als Playmaker zu agieren, geben ihm möglicherweise den entscheidenden Vorteil gegenüber Bailey. Ihr nächstes Kapitel beginnt in der NBA - und dort könnten sie ihre wahre Größe zeigen.
Sam Müller