15.11.2024, 08:46
Der Klassiker als Mogelpackung: Diese Partie war kein Maßstab
Noch nie war es im innerdeutschen Duell in der EuroLeague so deutlich wie an diesem Abend. Mit 115:86 schoss der FC Bayern München Alba Berlin ab, am Ende war es nur noch ein Schaulaufen für die Münchner.
Die Bayern bleiben im SAP Garden ungeschlagen. Nach vier knappen und teils nervenaufreibenden Partien war diesmal gefühlt zur Pause alles klar, zeitweise führten die Gastgeber mit bis zu 40 Punkten und stehen nun mit einer Bilanz von 7-3 auf Rang vier in der EuroLeague.
Nach einem durchwachsenen ersten Viertel, wo es vor allem an Intensität in der Defense mangelte (28:27) machten die Bayern Mitte des zweiten Viertels Nägel mit Köpfen und spielten ihren Stiefel im Stile einer Spitzenmannschaft herunter. Zu weit in die Zukunft will man an der Isar aber noch nicht blicken.
"Es ist viel zu früh, um über Playoffs, Play-In und all das Zeug nachzudenken", warnte Point Guard Nick Weiler-Babb, der mit zwölf Punkten (4/4 FG) und elf Assists einen starken Auftritt hinlegte. "Wir müssen weiter unsere Heimspiele gewinnen und dann werden wir in der zweiten Saisonhälfte sehen, wo wir stehen."
So früh ist es aber gar nicht mehr. Knapp ein Drittel der Regular Season ist bereits vorbei und die Bayern haben mit Ausnahme von Barcelona (die kommen nächste Woche in den SAP Garden) sowie mit Abstrichen Monaco alle Großen bereits bespielt. Fenerbahce-Coach Sarunas Jasikevicius nannte nicht umsonst die Bayern als das Team, welches derzeit den besten und konstantesten Basketball spielt.
Natürlich waren viele Spiele eng und einige davon hätten die Münchner auch verlieren können, dennoch ist es beeindruckend, dass die Mannschaft von Trainer Gordon Herbert immer wieder Wege findet, Spiele für sich zu entscheiden. Mal war der Angriff überragend, mal entschied die Defense eine Partie. Die Bayern können beides, das ist ein gutes Zeichen im Kampf um die Playoffs.
Die Korbdifferenz wird dabei keine Rolle spielen, dennoch nahm man diesen Blowout nach unzähligen Krimis gerne mit. "Dass wir nach der Pause ein paar Gänge zurückschalten konnten und dann das Ganze von draußen sehen konnten, tat wirklich gut", gab Weiler-Babb zu, der zuletzt oft über 30 Minuten ran musste. Gegen Alba waren es gerade einmal 21.
Keiner der Starter stand im vierten Viertel auf dem Feld, stattdessen durften sich auch Yam Madar und Kevin Yebo zeigen, beide konnten ihre Chance jedoch nur bedingt nutzen. Überhaupt hatte Herbert schon im ersten Viertel elf Spieler eingesetzt, zur Pause war es bereits der komplette Kader, wobei Neuzugang Onuralp Bitim erneut fehlte. Der Türke hat nach Visa-Problemen noch immer nicht seinen Medizincheck absolviert, womöglich kommt er für das Spiel gegen Bonn am Sonntag in Frage.
Auch Herbert selbst war der Blowout vermutlich recht, der Kanadier schleppte eine Erkältung mit sich herum und wirkte sichtbar angeschlagen, biss aber auf die Zähne.
Carsen Edwards bleibt der Mann der Stunde. Gegen Berlin brauchte der Shooting Guard nur 22 Minuten für seine 25 Punkte (6/9 Dreier). Im zweiten Viertel war er es, der mit einer kleinen Explosion die Weichen auf Sieg stellte. Elf Zähler machte Edwards in nur 75 Sekunden, dabei netzte der Topscorer der EuroLeague (21,0 PPG) drei Dreier in Serie. Der 26-Jährige platzt beinahe vor Selbstvertrauen und hat weiterhin das ultimative grüne Licht.
Sechs verwandelte Dreier waren ein EuroLeague-Bestwert für den Guard, der aber gegen Alba auch immer wieder überraschend frei abdrücken konnte.
Das gehört dann auch zur Wahrheit. Berlin fehlten an diesem Abend erneut sieben Akteure, darunter Schlüsselspieler wie Martin Hermannsson, Matt Thomas, Malte Delow oder Louis Olinde. Der "deutsche Klassiker" wurde so zur Mogelpackung. Der Sieg nach Verlängerung gegen Mailand am Dienstag war zwar eine faustdicke Überraschung, doch in München fehlte nach solidem Beginn schlichtweg der Saft und auch die Qualität, um bei den Bayern mitzuhalten.
Das wussten auch die Münchner einzuschätzen: "Berlin hatte nicht seine beste Besetzung, das darf man nicht vergessen. Man braucht den Sieg nicht überbewerten, obwohl der Sieg sehr guttut", merkte Geschäftsführer Marko Pesic an.
Mit Anton Nufer, Amon Dörries und Dorian Grosber sahen erneut drei 18-Jährige Minuten, sie alle zahlten Lehrgeld, am Ende halfen aber sie auch, dass die Differenz "nur" 29 Punkte betrug. Genau das nahm auch Coach Israel Gonzalez mit: "Wir mussten durch einige Schwierigkeiten gehen, aber ich bin stolz auf meine Spieler, denn sie haben bis zum Schluss gekämpft. Wir haben das letzte Viertel gewonnen. In unserer Situation ist das nicht einfach."
Vielmehr muss der Fokus auf der Liga liegen, wo zuletzt gegen Ulm ein kleiner Befreiungsschlag gelang. Aber: Sowohl in der BBL als auch in der EuroLeague konnte Alba in der Fremde noch nicht gewinnen, am Sonntag gibt es bei RASTA Vechta (ab 16.30 Uhr live bei Dyn) einen weiteren Versuch.
Robert Arndt