vor 1 Tag
Niko-Backspin-Kolumne
Regelmäßig schaut Niko Backspin für basketball-world.news auf eine andere Seite des Basketballs: die Kultur. Diesmal schreibt er vor allem als Fan - über den Emirates NBA Cup. Der Hip-Hop-Journalist zieht dabei einen Vergleich zum Fußball.
Leute, mal ehrlich - was denkt ihr über den NBA Cup? Beziehungsweise natürlich korrekt den Emirates NBA Cup? Ja, genau, dieses neue Turnier, das die NBA seit letztem Jahr in unsere Kalender gequetscht hat. Ich gebe es zu, als Fan war ich beim Start wirklich skeptisch. Und bin es heute noch. Ich sehe aber auch Potential. Jetzt läuft die zweite Saison, und ich sitze immer noch auf meinem Sofa, die Stirn in Falten gelegt, mit der Frage: Ist das hier ein Meisterwerk für mehr Spannung im Basketball-Herbst oder nur ein überflüssiges Gimmick? Ist das die Würze, die der NBA in der Regular Season immer gefehlt hat, oder nur ein verzweifelter Versuch, die Zuschauerzahlen hochzuhalten?
Falls ihr euch fragt: Der Emirates NBA Cup ist eine Art Pokalwettbewerb innerhalb der regulären Saison. Die 30 Teams der Liga werden in sechs Gruppen aufgeteilt, basierend auf ihrer letztjährigen Bilanz. Jedes Team spielt vier Gruppenspiele, und die besten Teams kommen weiter in die K.-o.-Runde. Viertelfinale, Halbfinale, Finale - alles in einem kompakten Zeitrahmen, mit dem großen Showdown in Las Vegas. Für die Sieger gibt’s eine Trophäe und - neben Ruhm und Ehre - satte 500.000 Dollar für jeden Spieler. Klingt spannend, oder? Aber irgendwie bleibt bei mir dieses Gefühl, dass das alles künstlich aufgesetzt ist.
Vielleicht liegt es an meinem Fußballherz. Ich liebe den DFB-Pokal! Wirklich! Auch schon in der 1. Runde….da fiebern die Fans mit, weil jedes Spiel echtes Drama verspricht (okay, nicht immer - aber eben oft). Und wir alle wissen: Der Pokal hat seine eigenen Gesetze. Wenn ein Drittligist plötzlich die Bayern raushaut, sind das die Geschichten, von denen wir noch Jahre später sprechen. Oder nehmen wir die deutsche Basketball Bundesliga: Da gibt’s seit Jahren K.-o.-Runden mit genau diesem "Do or Die"-Charakter. Und selbst kleinere Teams haben die Chance, Großes zu schaffen - siehe der Krimi in diesem Jahr zwischen den Crailsheim Merlins und ALBA Berlin…
Beim Emirates NBA Cup? Da schwingt für mich immer diese Frage mit: Was steht hier wirklich auf dem Spiel? Klar, 500.000 Dollar klingen für uns Normalsterbliche nach einem Traum, aber sind wir ehrlich - für einen LeBron James oder Giannis Antetokounmpo ist das Kleingeld. Nicht falsch verstehen bitte. Ein echter Anreiz fehlt doch für die Stars, oder? Und mal Hand aufs Herz: Woran erinnert ihr euch lieber - an eine Higlight-Performance in einem Playoff-Spiel oder an irgendein Gruppenspiel in einem Zwischenturnier? Okay, unfaire Frage.
Schauen wir uns das mal genauer an: Beim DFB-Pokal fiebern Fans jedes Jahr mit, weil echte Sensationen möglich sind. Wenn ein Underdog plötzlich die Großen besiegt, sind das Geschichten für die Ewigkeit! Genau diese Würze fehlt dem Emirates NBA Cup. Warum? Weil am Ende immer die Teams gewinnen, die ohnehin schon gut sind. Überraschungen? Bisher Mangelware. Klar, die Cavs hatte so niemand auf dem Zettel und Franz Wagner zeigt, dass er der Anführer der Magic sein kann. Aber sonst? Auch die Gruppenphase fühlt sich zu vorhersehbar an. Sie erinnert mich stark an die neue Champions League im Fußball, auch wenn es da bisher mehr Überraschungen gab. Fünf Teams pro Gruppe, eine gefühlte Ewigkeit an Spielen, und am Ende qualifizieren sich doch die üblichen Verdächtigen. Wo bleibt da der Nervenkitzel? Oder bin ich zu kritisch?
Dann sind da noch diese Spielfelder. Habt ihr sie gesehen? Neonfarben, Muster, die aussehen, als hätte jemand seinen 90er-Jahre-Windows-Bildschirmschoner wiederentdeckt. Klar, die NBA wollte mit ihren Partnern etwas Einzigartiges schaffen, aber viele Fans (mich eingeschlossen) beschweren sich, dass diese Designs mehr ablenken, als dass sie begeistern.
Aber das größte Problem ist wohl die Frage nach der Relevanz. Warum sollte ein Fan aus Milwaukee, Orlando oder Dallas für einen NBA-Cup-Sieg brennen, wenn am Ende die Playoffs das einzig wahre Ziel sind? Wird dieser Pokal jemals die Bedeutung haben, die er bräuchte, um Fans und Spieler wirklich zu packen? Oder wird das alles irgendwann in der Belanglosigkeit verschwinden?
Aber hey, vielleicht bin ich zu hart. Die Idee, der regulären Saison mehr Pep zu geben, ist grundsätzlich gut. Mal ehrlich: Wer hat sich nicht schon dabei ertappt, dass er ab November auf Autopilot geschaltet hat und nur noch auf die Playoffs wartet? Der NBA Cup bringt Abwechslung - und mit den ersten K.-o.-Runden im Dezember hat die Liga tatsächlich einen Hauch von Drama eingeführt.
Vielleicht braucht es einfach mehr Zeit, um das Turnier in unseren Köpfen zu verankern. Vielleicht muss die Liga an den Stellschrauben drehen: größere finanzielle Anreize, eine direkte Playoff-Qualifikation für den Sieger, oder - mein persönlicher Wunsch - eine Möglichkeit für internationale Teams, dabei zu sein. Wie cool wäre es, europäische Clubs wie Real Madrid, Anadolu Efes oder auch den FC Bayern Basketball im NBA Cup zu sehen?
Ich bin hin- und hergerissen. Der Emirates NBA Cup ist ein mutiger Schritt, keine Frage. Aber die Frage bleibt: Ist er die Innovation, die die NBA braucht, oder nur eine hübsche Fassade, die irgendwann wieder verschwinden wird? Ich werde mir die Spiele weiter ansehen, weil ich Basketball liebe - und weil ich hoffe, dass das Turnier eines Tages dieses gewisse Etwas findet, das uns Fans wirklich mitreißt.
Was denkt ihr? Ist der Emirates NBA Cup euer Ding, oder bleibt er für euch ein Fremdkörper im Kalender? Und wenn ihr ihn besser machen könntet - wie würdet ihr es anstellen? Lasst es mich wissen, ich bin gespannt auf eure Meinungen!
Über den Autor
Niko Backspin ist Chief Cultural Officer bei Serviceplan Culture. Der Hamburger Hip-Hop-Journalist ist eine weitbekannte und geschätzte Größe in der internationalen Rap-, Breakdance und Graffiti-Szene. Mit seiner Plattform Backspin ist er auf einer Vielzahl von Kanälen zu Hause - im Podcast, auf YouTube, in TV-Reportagen. Niko ist langjähriger Fan der New York Knicks und engagiert sich sozial für die NGOs Viva con Agua und Basketball AID. Auf Instagram und LinkedIn könnt ihr ihm unter @nikobackspin folgen.
Niko Backspin