17.02.2025, 13:00
Fürstentum hat Center-Überangebot
Nacht acht Jahren NBA kehrt Daniel Theis nach Europa zurück. Der 32-Jährige hat einen Vertrag bis 2026 bei der AS Monaco unterschrieben. Doch was erwartet ihn beim amtierenden französischen Meister und EuroLeague-Playoff-Team?
2012 spielte der Klub aus dem Fürstentum noch in der dritten Liga Frankreichs. Allen voran dank Mäzen und Präsident Sergey Dyadechko kam die recht eigenständige Basketballabteilung der AS Monaco bis 2016 in der Erstklassigkeit an, wo sofort um Titel mitgespielt wurde. Heimspiele werden in der Sportanlage (Stade Louis II) der Fußballer ausgetragen. Ab 2022 trat Dyadechko kürzer und wurde abgelöst von Alekszej Fedoricsev, dem von da an rund 46 Prozent der Anteile am Basketballklub gehörten.
Fedoricsev ist nicht unumstritten. Laut dem Portal Monaco Tribune geriet der Geschäftsmann, der sich vor der Übernahme der AS-Monaco-Basketballer bei den russischen Fußballklubs Dynamo Moskau und FC Rostov engagierte, vor einigen Monaten unter Korruptionsverdacht in der Ukraine. Fedoricsev wies daraufhin die Anschuldigungen gegen ihn und Verbindungen nach Russland von sich.
Finanziell beförderte Fedoricsev, dessen Unternehmen Fedcom auch einer der Sponsoren der monegassischen Fußballabteilung ist, die AS auf das nächste Level. In der Saison 2021/2022 betrug der Etat laut BasketNews gemäß Angaben der französischen Liga rund 14,1 Millionen Euro. Inzwischen soll er bei 29,4 Millionen und damit unangefochten an der Spitze stehen. Laut dem französischen Fachportal BeBasket führte die französische Liga sogar eine gewisse Luxussteuer sein. Offiziell hänge die Einführung nicht zusammen mit der geringeren Besteuerung, die Monaco im Ligavergleich mit den französischen Kontrahenten bevorteilt, doch letztlich sei von der Luxussteuer nur die AS Monaco betroffen.
Saison | reguläre Saison | Playoffs |
---|---|---|
2023/24 | 3. | Playoffs, erste Runde |
2022/23 | 4. | Playoffs, zweite Runde |
2021/22 | 7. | Playoffs, erste Runde |
Zur EuroLeague (EL) existieren keine offiziellen Etatangeben. Auf Grundlage vager Zahlen, die BasketNews zur Saison 2021/2022 veröffentlichte, könnte der Klub nun mit einem Personaletat von rund 15 Millionen Euro ungefähr im vorderen Drittel verortet sein. Topverdiener sollen nach Informationen des französischen Portals BasketEurope Mike James (demnach etwa 2,8 Millionen Euro Nettogehalt pro Saison) und Nick Calathes (1,4 Mio.) sein. Zu Daniel Theis‘ Verdienst liegen bislang keine Berichte vor.
Obwohl der Klub in den vergangenen Jahren finanziell zulegte und seit seiner Debütsaison in der europäischen Königsklasse, 2021/22, dreimal Spiel fünf der Playoffs und einmal anschließend sogar Platz drei beim Final-Four erreichte, verfügt die AS weiterhin nicht über eine A-Lizenz, die eine dauerhafte Teilnahme am EuroLeague-Wettbewerb garantieren würde. Laut dem Online-Portal Eurohoops wurde Monacos Fortbestehen in der EuroLeague formal (alternativ wäre auch eine Wildcard eventuell möglich gewesen) jeweils dadurch gesichert, dass in allen drei Spielzeiten die Playoffs erreicht wurden.
Der Erfolg ist stark verbunden mit den Personalien Mike James und Ex-Coach Sasa Obradovic. James, der sich in 49 NBA-Spielen für Phoenix, New Orleans und Brooklyn nicht vollends durchsetzen konnte, kam 2021 mit einem streitbaren Ruf zur AS Monaco, die vor ihrer EuroLeague-Debütsaison stand. Obwohl der Combo Guard zuvor bereits für Moskau, Mailand und Panathinaikos hochkarätige Statistiken auflegte, haftete ihm teilweise der Ruf des Konflikte suchenden und egozentrischen Exzentrikers an.
Mailand trennte sich nach nur einem Jahr von ihm. In Moskau kam es während der Saison, in der er der zweitbeste Scorer eines Final-Four-Anwärters war, zu einer überraschenden Trennung. In Monaco baute sich James selbst ein sportliches Vermächtnis auf, indem er den Klub seit vier Jahren aus einer gewissen Underdog-Rolle in den Dunstkreis des Final-Fours trägt. Mit 5.021 Punkten erzielte in der 25-jährigen EuroLeague-Geschichte kein Spieler mehr Zähler als der 34-jährige Combo Guard und MVP der Vorsaison. Die Underdog-Rolle nimmt die AS längst nicht mehr an. Erfolgstrainer Sasa Obradovic (früher Spieler und Trainer in Berlin) wurde in seiner vierten Saison trotz Verletzungspech nach holprigem Saisonstart in Frankreich und nur zehn EuroLeague-Spielen mit immerhin sechs Siegen entlassen.
Nachfolger Vassilis Spanoulis setzt auf einen offensiv geprägten Teambasketball, nachdem Vorgänger Obradovic einen physischen Stil mit vielen Eins-gegen-Eins-Aktionen pflegte, der der AS Monaco durch das Produzieren weniger eigener und dem Forcieren zahlreicher gegnerischer Ballverluste Jahr für Jahr ein immenses Plus an Wurfabschlüssen einbrachte. Spanoulis, der in der ewigen Punkteliste hinter seinem Spieler Mike James (und Nando De Colo) auf Platz drei rangiert, gewann mit Monaco sechs seiner neun EL-Partien. Die AS steht auf Platz drei - nur einen Sieg hinter Rang zwei, aber auch nur einen Sieg vor Platz sieben, der gleichbedeutet mit einer Ehrenrunde in den Play-Ins wäre. Unter Spanoulis glänzt die Offensive, doch die Reboundstärke verließ die Monegassen. Genau dort könnte Daniel Theis helfen.
Auf der Centerposition sind die Monegassen zwar bereits mit Mam Jaiteh (2,11 m) und den früheren NBA-Spielern Donatas Motiejunas (2,13 m) und Georgios Papagiannis (2,17 m) tief und groß besetzt. Nominell klafft hinter dem früheren Ulmer Jaron Blossomgame vielleicht sogar eine größere Lücke auf der Position Vier, wo der Abgang des letztjährigen Defensivankers John Brown (nun Roter Stern Belgrad) nicht kompensiert werden konnte. Doch mit Daniel Theis erhält Monaco einen immer noch beweglichen 2,03-Meter-Big-Man, der als mobileres Gegenstück Spanoulis‘ Defensive variabler aufstellen und zu einem neuen Defensivanker werden könnte. Zudem ist Theis ein starker Rebounder. In großen Aufstellungen, auf die Spanoulis bislang jedoch selten setzte, kann der deutsche Nationalspieler mit seinem passablen Wurf theoretisch auch neben einem der anderen Big-Men auf dem Parkett stehen.
Spiele | Punkte | 3PT% | FG% | Rebounds | assists | Blocks |
---|---|---|---|---|---|---|
38 | 4,3 | 24,3 | 47,3 | 4,3 | 1,6 | 0,5 |
In der Offensive kann Theis, der mit der deutschen Nationalmannschaft im olympischen Viertelfinale 2024 schon im Duell mit der griechischen Nationalmannschaft auf seinen künftigen Coach Spanoulis sowie seine baldigen Mitspieler Calathes und Papagiannis traf, dem guardlastigen Team aus dem Fürstentum ebenfalls eine neue Facette verleihen. Auch mit bald 33 Jahren ist Theis potenziell in der EuroLeague immer noch ein explosiver Center, der sich anders als seine teaminternen Centerpendants nach von ihm gestellten Blöcken schnell zum Korb abrollen kann. Monaco verfügt mit James (5,6 Assists), Calathes (5,1), Jordan Loyd (2,2) sowie den französischen Nationalspielern Elie Okobo (3,9) und Matthew Strazel (2,1) über fünf kreative Guards, von denen oft drei gleichzeitig auf dem Parkett stehen.
Mit seinem schnellen Abrollen zum Korb kann Theis, der für Deutschland bei den Olympischen Spielen pro Spiel solide acht Punkte und sieben Rebounds zum vierten Platz beitrug, Verteidiger binden, wovon die kreativen Guards profitieren könnten. Gerade mit Mike James und Nick Calathes, die herausragende Passgeber sind, könnte der frühere Braunschweiger und Ulmer ein spektakuläres Tandem bilden. Theis, der bis zu seinem Wechsel in die NBA 2017 schon 54 EuroLeague-Partien für Bamberg absolvierte, kann auf mehrere Defensivstrategien Antworten finden. Verteidigen Gegner gegen James am Block aggressiv, kann er sich zur Freiwurflinie abrollen und dort als solider Passgeber und anständiger Werfer Überzahlsituationen nutzen. Gegen passivere Defensivformen kann er mit seiner Explosivität über Ringniveau abschließen oder sich zur Dreierlinie abrollen. Die AS Monaco, bei der drei der vier besten Scorer über 30 Jahre alt sind, hat in dieser Saison möglicherweise vorerst eine letzte große EL-Titelchance.
Der EM-Bronze- und WM-Goldgewinner, der in der laufenden NBA-Saison in New Orleans trotz personeller Probleme nur auf 16 Minuten pro Spiel (je vier Punkte und Rebounds) kam, hat in jedem Fall das Potenzial, die schon jetzt starken Monegassen noch stärker in den Dunstkreis der Titelanwärter zu hieven. Gemäß dem griechischen Nachrichtendienst SDNA könnte Panathinaikos Athen, amtierender EuroLeague-Sieger, dem 77-maligen deutschen Nationalspieler, der in Monaco wieder auf seinen Bamberger Assistenztrainer Ilias Kantzouris trifft, sogar mehr Geld geboten haben. Laut BasketNews-Redakteur Donatas Urbonas soll Theis zu Gunsten einer größeren Rolle sogar NBA-Angebote ausgeschlagen haben, um in Monaco einen mehrjährigen Vertrag mit einer NBA-Ausstiegsklausel zu unterschreiben.
Daniel Theis‘ Wechsel hat für alle Seiten das Potenzial zur 'Win-Win'-Situation - vielleicht auch für das Nationalteam. In Monaco kann der 32-Jährige, sofern er im Sommer spielen möchte, vor der Europameisterschaft im Sommer nochmal in prominenter Rolle auf der größten europäischen Bühne glänzen.
Lukas Feldhaus