18.11.2024, 09:00
Spanier vor Debüt als neuer Bundestrainer
Am Freitag gibt Alex Mumbru sein Debüt als Bundestrainer und folgt damit auf Erfolgstrainer Gordon Herbert, der nun den FC Bayern München trainiert. Im Interview mit basketball-world.news spricht der Spanier über seine Pläne mit dem Team, den ersten Kontakt mit Dennis Schröder und erklärt, welche Ziele er mit dem DBB-Team hat.
Alex Mumbru (45) war Teil der goldenen spanischen Generation, die international fast alles abräumte. Als Trainer führte er Bilbao zurück in die erste spanische Liga, coachte EuroLeague in Valencia und ist seit Mitte August der Nachfolger von Gordon Herbert als Bundestrainer. In der EM-Qualifikation gegen Schweden steht der Spanier nun erstmals an der Seitenlinie.
Senor Mumbru, Deutschlands Basketballer sind inzwischen überall auf der Welt verteilt. Haben Sie ein gutes Bonusprogramm für all die Meilen, die sich da ansammeln?
Alex Mumbru: Ja, das stimmt schon. Ich bin viel unterwegs, vieles mache ich aber mit dem Auto oder mit der Bahn. Viele Spieler spielen bekanntlich nicht in Deutschland, sondern in den USA, Frankreich, Spanien oder Italien. Das ist nicht ganz einfach, das alles unter einen Hut zu bekommen, weil ich mir von jedem Spieler persönlich ein Bild machen möchte. Ich war aber zum Beispiel noch nicht bei den NBA-Spielern, weil der Fokus für den Moment auf dem ersten Länderspielfenster liegt. Das heißt, ich bin viel in Deutschland unterwegs, um die Spieler und Teams besser kennenzulernen.
Die BBL stand vermutlich vor Ihrer Zeit als Bundestrainer weniger im Fokus. Was haben Sie in den ersten Monaten über den deutschen Basketball gelernt?
Ich bin überrascht vom hohen Niveau, das die Spieler hier besitzen. Natürlich kannte ich die meisten, nun beschäftige ich mich viel intensiver mit ihnen. Und ich muss sagen, dass es auch hier in Deutschland viele gute Jungs gibt, die auf einem hohen Level agieren können.
Sie haben sicherlich bereits mit allen Spielern aus dem Olympia-Kader gesprochen. Niels Giffey hat seinen Rücktritt bekanntgegeben. Wie optimistisch sind Sie bei den anderen Spielern?
Zunächst einmal ist es wichtig zu erwähnen, dass diese Mannschaft sehr gut miteinander auskommt, alle waren sehr zufrieden. Das ist von unschätzbarem Wert. Sie sind wie eine Familie und haben über die Jahre eine tolle Teamchemie aufgebaut. Das ist die Basis von allem, dann kommen aber andere Faktoren ins Spiel. Es ist nicht einfach, im November über den kommenden Sommer zu sprechen. Vor allem die Jungs aus der NBA und der EuroLeague werden bis dahin noch jede Menge Spiele absolvieren. Dann wird sich zeigen, ob Verletzungen oder andere Dinge dazwischenkommen. Ich habe aber den Eindruck, dass mit Ausnahme von Giffey alle wieder gerne für die Nationalmannschaft spielen wollen.
Wie war der erste Kontakt mit Dennis Schröder, der als Kapitän der wichtigste Spieler im Kader ist?
Natürlich, er wird der Anführer dieser Mannschaft bleiben und auch das Kapitänsamt behalten. Das ist für mich selbstverständlich. Sein Draht zum Team ist hervorragend, er hat sich als Leader bewiesen und hat unbestritten die Qualität auf dem Feld. Das ist sehr wichtig für mich, weil Dennis meine rechte Hand auf dem Court sein wird. In unseren Gesprächen habe ich gemerkt, dass er meine Vorstellung von Basketball versteht, und ich glaube, dass auch ich verstanden habe, wie er tickt und wie er die Sachen sieht. Ich kann nur gute Dinge über Dennis sagen, nicht nur als Basketballspieler, sondern auch als Mensch.
Das Thema Teamchemie zog sich die letzten Jahre wie ein roter Faden durch die Turniere. Haben da andere, die zuletzt nicht dabei waren, überhaupt eine Chance?
Zunächst einmal ist es doch Luxus, dass ein solcher Zusammenhalt überhaupt besteht. Im Basketball geht es nicht nur um Einzelspieler, die Mischung ist entscheidend, um ein gutes Team bauen zu können - und die war in Deutschland gegeben. Gute Einzelspieler sind auch wichtig, aber das Team muss immer über allem stehen. Wir werden also genau abwägen, wer Teil dieser Mannschaft sein wird und versuchen dann die bestmögliche Entscheidung zu treffen.
Konkret: Ziehen Sie auch NBA-Spieler wie Isaiah Hartenstein oder Maxi Kleber in Betracht, die unter Ihrem Vorgänger Gordon Herbert außen vor waren?
Das sind gestandene NBA-Spieler, die man selbstverständlich in Betracht ziehen muss und ich werde auch mit ihnen sprechen, wenn ich in die USA reise. Wir werden uns dann zusammensetzen und schauen, ob wir eine gemeinsame Basis finden. Viel mehr kann ich dazu noch nicht sagen, weil ich beide erst einmal bei einer Tasse Kaffee kennenlernen möchte.
Wie sehen Ihre Pläne mit der Mannschaft aus? Es gibt eine Struktur, die über Jahre gewachsen ist. Gibt es Gründe für Sie, Dinge zu ändern?
Als neuer Coach ist es meist so, dass wegen fehlendem Erfolg ein Wechsel stattfand. Dann hat der Trainer das Recht zu sagen, dass die Spieler in deinem System arbeiten sollen. Wenn ein Team nicht funktioniert hat, möchtest du alles verändern. Das ist hier nicht der Fall. Stattdessen werden wir aufeinander zugehen. Wir werden viele Dinge, die das Team unter Herbert ausgezeichnet hat, übernehmen und verbinden einige Elemente mit meinem Stil.
Haben Sie dafür auch Kontakt mit Gordon Herbert aufgenommen?
Ich habe vor dem BBL-Start mit ihm gesprochen und war seitdem auch einige Male in München. Da ging es natürlich viel um die Nationalmannschaft. Es wäre ja dumm von mir, wenn ich mich nicht mit einem solch erfolgreichen Coach austauschen würde.
Worum ging es in diesen Gesprächen?
Wir haben vor allem über die Charaktere in der Mannschaft gesprochen, wie sie auf und auch neben dem Feld ticken. Er sprach darüber, wie er es geschafft hat, diese Teamchemie zu entwickeln, und über die verschiedenen taktischen Feinheiten. Daran möchte ich anknüpfen und mit dem Team Kontinuität schaffen. Dafür haben wir zum Beispiel auch Klaus Perwas behalten, der bei Gordie als Assistenztrainer mit dabei war.
Welche sonstigen Veränderungen gibt es im Mitarbeiterstab?
Wir wollen auch mit Bret Brielmaier weitermachen, der derzeit wieder seinem regulären Job als Assistent in Orlando nachgeht. Ich weiß derzeit nicht, ob er noch einmal mit dabei sein möchte, da werden wir noch Gespräche führen. Perwas wird mir aber im ersten Länderspielfenster schon zur Seite stehen, ansonsten bleiben alle Mitarbeiter wie die Physios oder der Athletik-Coach gleich. Da setze ich auf Kontinuität.
Was hat Sie persönlich an dieser Aufgabe gereizt? Es gibt dankbarere Aufgaben, als auf den erfolgreichsten Bundestrainer der Verbandsgeschichte zu folgen.
Ein gewisser Druck ist natürlich da. Zwei Medaillen, darunter der Weltmeistertitel, dazu Platz 4 bei Olympia - das ist eine tolle Bilanz und daran möchte ich anknüpfen. Es ist anspruchsvoll, aber ich mag Druck. Ich kenne das, seit ich 18 Jahre alt bin. Als Spieler musste ich damit jedes Wochenende umgehen und nun habe ich eben Druck in einer anderen Position. Ich möchte jetzt das Beste aus den beiden Spielen gegen Schweden herausholen und dann natürlich auch im Sommer.
Worauf schauen Sie in diesem ersten Länderspielfenster?
Wir arbeiten weiter an unserem Team, wir wollen uns stetig verbessern. Natürlich fehlen fast alle Spieler des Kernteams, aber die deutsche Nationalmannschaft besteht nicht nur aus 15 oder 16 Spielern, sondern auch aus den über 24 Spielern, die für dieses Fenster auf unserer Liste stehen. In Deutschland gibt es jede Menge gute junge Spieler, die früher oder später mit dabei sein werden.
Unter Herbert war der Kern der Mannschaft oft sehr ähnlich. Gibt es bei Ihnen mehr Durchlässigkeit?
Es ist ein Spagat. Ich habe wirklich eine große Auswahl, die nächste Generation steht auch schon in den Startlöchern, zum Beispiel viele Jungs, die U-18-Europameister geworden sind. Letztlich muss ich für ein Turnier aber das bestmögliche Team zusammenbauen. Wir werden sehen, wie das dann aussieht.
Wie wird der deutsche Basketball in Spanien wahrgenommen? In der Vergangenheit hatte meist die Furia Roja das bessere Ende für sich, sieht man einmal vom Halbfinale 2005 ab.
In Spanien gibt es seit vielen Jahren feste Strukturen, vor allem im Verband mit seinen Einrichtungen. Was aber für Deutschland spricht, ist die eingeführte 6+6-Regel in der BBL, dass immer sechs deutsche Spieler im Kader stehen müssen. Mit dieser Maßnahme wurde der Grundstein für die Zukunft des deutschen Basketballs gelegt und nun sieht man die ersten Ergebnisse.
Blicken wir noch etwas in die Zukunft. Gordon Herbert sprach gerne von Zielen und Visionen. Wie sehen diese bei Ihnen aus, speziell im Hinblick auf die Europameisterschaft im kommenden Jahr?
Wir wollen dieses Turnier gewinnen, dieser Anspruch wird von uns erwartet. Wir repräsentieren ein großes Land mit einem guten Basketballniveau. Es ist nur logisch, dass wir weiter unter den Top-Teams sein wollen. Die Mannschaft hat in den vergangenen drei Jahren überragend gespielt und wurde mit zwei Medaillen belohnt. Das wollen wir wiederholen.
Interview: Robert Arndt