07.09.2024, 18:10
36 Punkte von Böhme
Deutschland hat bei den Paralympischen Spielen in Paris im Rollstuhl-Basketball die erste Medaille seit 32 Jahren geholt: Die Mannschaft von Bundestrainer Michael Engel bezwang im kleinen Finale Kanada dank einer furiosen zweiten Halbzeit mit 75:62 (27:35). In der Pariser Bercy Arena war der überragende Thomas Böhme mit 36 Punkten der Matchwinner.
"Thommy ist der MVP", rief Mitspieler Aliaksandr Halouski durch die Katakomben der Bercy Arena - und meinte damit natürlich Thomas Böhme. Der alles überragende Korbjäger führte Deutschland fast im Alleingang zur ersten Medaille bei den Paralympics seit 1992 in Barcelona.
"Ich kann es irgendwie noch gar nicht so richtig fassen, dass wir es jetzt wirklich geschafft haben", sagte Matchwinner Böhme. 36 Punkte sammelte der 33-Jährige im Spiel um Bronze gegen Kanada, das die deutsche Mannschaft mit 75:62 (27:35) gewann. Danach brachen alle Dämme, manche Spieler hatten Freudentränen in den Augen, andere schüttelten ungläubig den Kopf.
"Jetzt wissen wir, wofür wir das die letzten Jahre alles getan haben. Die ganze Arbeit zahlt sich in so einem Moment extrem aus. Das ist brutal", sagte Alexander Budde. Es sei eine "taktische Meisterleistung" gewesen. "Wir haben immer dran geglaubt und nie gedacht, dass es schon verloren ist."
Noch in der Vorrunde war das deutsche Team beim 52:68 gegen Kanada chancenlos. Diesmal reichte es, obwohl die Mannschaft den mit 31 Zählern auftrumpfenden kanadischen Superstar Patrick Anderson erst im zweiten Durchgang in den Griff bekam. Das Team D war erstmals seit Barcelona überhaupt wieder unter den besten vier, bei Weltmeisterschaften war gar noch nie der Einzug in ein Halbfinale gelungen.
Schon nach drei Minuten lag Deutschland 2:9 zurück, Engel nahm nach dem Fehlstart eine Auszeit. Danach stabilisierte sich die Mannschaft, kam aber im ersten Durchgang wegen einer zu schwachen Wurfquote nicht wirklich näher heran. Stattdessen saß auf der Gegenseite fast jeder Wurf von Anderson, lediglich Böhme hielt einigermaßen dagegen.
Im dritten Viertel stabilisierte sich das Team D in der Defense und nutzte vorne seine Chancen. Vor dem Schlussabschnitt betrug der Rückstand nur noch einen Zähler. Neun Minuten vor dem Ende ging die Mannschaft erstmals in Führung, zog sogleich mit einem 12:0-Lauf davon. Böhme traf nun aus allen Lagen und spielte sich in einen Rausch.
Deutschland holte sich den Sieg und nach Silber in Barcelona 1992 mit Bronze das zweite Edelmetall. Bundestrainer Michael Engel stürmte nach der Schlusssirene sofort auf Böhme zu und seinen Schützling sekundenlang innig umarmte.
"Wir widmen den Sieg allen Männer-Nationalmannschaften, die das auch irgendwie probiert haben", sagte Engel: "Von daher sind wir super demütig." Seit 32 Jahren hatten die deutschen Rollstuhlbasketball-Männer keine Medaille mehr geholt, das letzte Mal war das in Barcelona der Fall.
"Heike Drechsler, Michael Jordan", zählte Engel die Stars von damals auf: "Da fing meine Basketball-Leidenschaft an." Die Bronzemedaille von Paris sei "ein ganz, ganz besonderer Moment, den man nicht beschreiben kann", führte Engel aus: "Den nehmen wir jetzt einfach mit und genießen."
SID