13.10.2018, 13:36
Die Dynastien der NBA, Teil 3
Auf der ganzen Welt laufen Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit Shirts, Schuhen oder Mützen von Michael Jordan oder den Chicago Bulls herum - ohne sie jemals spielen gesehen zu haben. Die legendäre Nummer 23 transformierte die globale Präsenz der NBA und seiner selbst, sodass Jordans Vermarktung seine sportlichen Erfolge mittlerweile fast übertroffen hat. Fast. Teil 3 der Serie.
Der NBA-Draft des Jahres 1984 gilt gemeinhin als einer der besten aller Zeiten. Der Spieler, der gemeinhin als bester aller Zeiten gilt, wurde dabei aber nicht an erster Stelle ausgewählt. "First Pick" war der Center Hakeem Olajuwon, der seinen Houston Rockets immerhin zwei Titel bescheren sollte (dazu später mehr). Während die Portland Trail Blazers mit dem verletzungsanfälligen Sam Bowie rückblickend betrachtet "ins Klo griffen", zogen die bis dato relativ erfolglosen Chicago Bulls an Position drei das ganz große Los: Michael Jeffrey Jordan.
Auch wenn die Erwartungen an den NBA-Rookie Jordan nicht mit denen eines LeBron "Chosen One" James zu vergleichen waren, kam auch "MJ" bereits als Star in die Liga. 1982 hatte sein letzter Wurf die University of North Carolina zum College-Titel geführt, nach Olympia-Gold 1984 - wohlgemerkt bevor Jordan auch nur eine NBA-Minute bestritt - äußerte sich Trainer-Legende Bobby Knight mehr als beeindruckt: "Jordan ist der beste Athlet und beste Basketballspieler, den ich je spielen sah".
- Teil 1: Russells Celtics: Ein revolutionäres Superteam -
- Teil 2: Magic gegen Bird - die Rettung der Liga -
Fortan wurden die Chicago Bulls Michaels Show. Der 1,98 Meter große Shooting Guard machte direkt zu Beginn seiner NBA-Karriere einen deutlichen Leistungssprung und wurde nicht nur "Rookie of the year", sondern sehr bald auch einer der besten Spieler der Liga. "Gott verkleidet als Michael Jordan" - so bezeichnete einmal Larry Bird den Mid-Range-Shooter, dem in den 80er-Jahren aber noch die passenden Mitspieler fehlten. Während die Konkurrenz im Osten einfach zu stark war. Birds Boston Celtics und insbesondere die physischen Detroit Pistons, die den Superstar mit den sogenannten "Jordan Rules" mindestens an der Grenze des Erlaubten mit einer Mehrfachdeckung malträtierten.
Waren die Pistons - im vierten Anlauf 1991 - aber erst einmal aus dem Weg geräumt, entwickelte sich der einst als titelloses Statistik-Phänomen verschriene Jordan zu einem wahren Champion und läutete eine Phase der Dominanz ein, die in der Moderne ihresgleichen sucht. Daran maßgeblich beteiligt waren auch Allrounder Scottie Pippen, der bis 1990 zu Jordans Co-Star avancierte und Phil Jackson, ein Trainer-Novize, der seine große Karriere als Coach 1989 in "Windy City" begann. Angeführt von Jordan gewannen die Bulls die Meisterschaften 1991, 1992 und 1993 in souveräner Manier. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hatte MJ alle anderen Spieler weit hinter sich gelassen. "Es gibt Michael Jordan und dann gibt es den Rest von uns", beteuerte der große "Magic" Johnson unlängst.
Die Ermordung von Jordans Vater sollte die Verhältnisse in der NBA 1993 ins Wanken bringen. Ihm zu Ehren trat MJ auf dem Höhepunkt seiner Schaffenskraft als Basketballspieler zurück, um die Lieblingssportart seines alten Herrn, Baseball, auszuüben - was er jedoch mehr schlecht als recht tat. Gleichzeitig hielten sich Gerüchte, dass die "Pause" vielmehr Teil einer inoffiziellen Vereinbarung mit der Liga war, die als angenehmere Alternative einer aufmerksamkeitserregenden Sperre des Superstars vorbeugte - Jordans leidenschaftlicher Hang zu Genussmitteln und Glücksspiel war immer auffälliger geworden.
Verkrafteten teilweise müde Bulls den Rücktritt ihrer Leitfigur in der Regular Season weitestgehend gut, verpassten sie sowohl 1994 als auch 1995 die Eastern Conference Finals. Am Ende krönten sich jeweils Olajuwon und die Houston Rockets. Kurz zuvor stellten lediglich zwei/drei Worte die Sportwelt auf den Kopf: "I'm back!" - Michael Jordan kehrte auf das NBA-Parkett und zu seinen Chicago Bulls zurück.
1996, Jordans erste komplette Saison nach seiner Rückkehr, gewann die Franchise ganze 72 ihrer 82 Saisonspiele - ein Rekord, der erst 20 Jahre später von den Golden State Warriors (73 Siege) gebrochen werden sollte. Das in dieser Zusammenstellung - Defensivspezialist Dennis Rodman kam aus San Antonio - vielleicht beste Team aller Zeiten startete eine zweite Erfolgs-Serie - 1996, 1997 und 1998 wanderte die Larry O'Brien Trophy abermals nach Windy City. Mit Jordans darauffolgendem zweiten Rücktritt, dem letzten in Chicago, endete auch die goldene Ära der Bulls.
Durch sein Charisma und seine spektakuläre Spielweise machte Michael Jordan, der sich unglaublich gut vermarkten ließ, da er bei der Jugend bestens ankam, den Basketball als überlebensgroße Sportpersönlichkeit auf der ganzen Welt populär. Einen Schub gab hier auch das von Jordan angeführte "Dream Team", das die US-amerikanischen Basketballer bei den Olympischen Spielen 1992 in Barcelona - und die beste Liga der Welt im europäischen Raum repräsentierte.
Laut dem Wirtschaftsmagazin "Fortune" generierte Jordan im Verlauf seiner Karriere 10 Milliarden Dollar für die Unternehmen, die er bewarb. Allen voran ist hier Nike zu nennen: Vor dem Engagement MJ's noch ein vergleichsweise kleiner Fisch; später, dank der Beliebtheit des Basketball-Superstars und seiner Schuh- und Kleidungslinie "Jumpman" eine Weltmarke.
Die Liste der Auszeichnungen, Rekorde und Einmaligkeiten des Basketballspielers Michael Jordan liest sich so beeindruckend wie kaum eine andere: Sechsmal wurde er Meister, dabei sechsmal auch Finals MVP, sowie fünfmal MVP der Regular Season. Zehnmal wurde er in das All-NBA-First Team, neunmal in das All-Defensive-First-Team gewählt. Bei "#23" stehen 10 Scoring Titel, 14 All-Star-Appearances und der höchste Karriere-Punkteschnitt der NBA-Geschichte (30,1 pro Spiel) zu Buche. Bei der Wahl der besten 100 Athleten des 20. Jahrhunderts durch den großen US-amerikanischen Sportkanal "ESPN" landete Jordan auf dem ersten Platz.
Während Hakeem "The Dream" und die Rockets die Regentschaft der Bulls für zwei Jahre durchbrechen konnten, hielt Jordans einmalige Dominanz eine ganze Generation von NBA-Topstars vom Gewinn eines Meisterschaftsrings ab: So sind u.a. Charles Barkley, Patrick Ewing, John Stockton, Karl Malone oder Reggie Miller nie Meister geworden.
Der beste Spieler aller Zeiten? Lange Zeit wurde Michael Jordan dieser inoffizielle Titel zugesprochen, weil er offensiv wie defensiv überragte, das absolute Killer-Gen besaß und alle sechs seiner Final-Serien gewann. Aktuell werden dahingehend Diskussionen geführt, ob Lakers-Neuzugang LeBron James ihm den Rang als bester Spieler aller Zeiten abgelaufen haben könnte. Besonders da letzterer seine Laufbahn noch nicht beendet hat, lässt sich das nur äußerst schwierig feststellen. Fakt ist aber, dass auch James, laut eigener Aussage, einst großer Jordan-Fan war. Wie es damals bis heute weltweit Kinder, Jugendliche und Erwachsene waren und sind. Wovon nun auch James selbst, wie auch andere Basketball-Superstars und natürlich die gesamte NBA profitieren.
nba