06.02.2025, 10:28
Der Trade aus allen Perspektiven
Die Saga um Jimmy Butler ist endlich beendet - nach monatelanger Streiterei haben die Miami Heat einen Abnehmer in Golden State gefunden. Involviert wurden in den Mega-Deal insgesamt vier Teams und sieben Spieler, darunter auch Dennis Schröder. Was bedeutet der Trade für die beteiligten Seiten?
Jimmy Butler hat endlich seinen Wunsch bekommen. Quasi. In Phoenix ist er zwar nicht gelandet, dafür hat der sechsmalige All-Star nun ein anderes Zuhause in der Pacific Division bekommen, wo ihm prompt ein neuer Vertrag für immerhin zwei Jahre und 111 Millionen Dollar ab 2025 vorgelegt wurde, de facto also ein Extra-Vertragsjahr.
Aufgrund der komplizierten Finanzen bezog dieser Deal nicht nur Butler mit ein, sondern insgesamt vier Teams und sieben Spieler, darunter auch erneut Dennis Schröder. So lief der Trade im Detail ab:
Warriors erhalten | Heat erhalten | Jazz erhalten | Pistons erhalten | |
---|---|---|---|---|
Jimmy Butler | Andrew Wiggins | Dennis Schröder | Lindy Waters | |
- | P.J. Tucker | - | Josh Richardson | |
- | Erstrundenpick 2025 (GSW) | - | - | |
- | Kyle Anderson | - | - |
Endlich haben die Heat etwas Ruhe. Zwar ist der Gegenwert nicht etwa vergleichbar mit dem Luftschloss Kevin Durant, das wohl auch am South Beach kurzfristig existierte, trotzdem haben sich die Heat hier wohl solide aus einer nicht mehr tragbaren Situation herausmanövriert und wohl mehrere ihrer Ziele erreicht.
Miami, das immerhin vier der letzten sechs Spiele gewinnen konnte, kann sich wieder vermehrt auf das Sportliche konzentrieren. Wiggins dürfte sportlich weiterhelfen. Der frühere Nr.1-Pick befindet sich inmitten einer guten Saison und dürfte neben Tyler Herro direkt der beste Wing sein, den die Heat im Kader haben, insbesondere in Sachen Two-Way-Fähigkeiten.
Mit 29 Jahren ist er noch immer in seiner athletischen Prime und steht noch bis Sommer 2027 für faire 26 bis 30 Millionen Dollar pro Jahr unter Vertrag, wobei ihm in 26/27 eine Spieler-Option zusteht. Er hat als Spieler beileibe nicht die Upside Butlers, ist dafür aber sechs Jahre jünger und verdient nur etwas mehr als die Hälfte des Gehalts seines "Vorgängers".
Kyle Anderson kassiert über die nächsten beiden Saisons noch jeweils etwas mehr als 9 Millionen Dollar. Diesen Vertrag wollte Miami eigentlich nicht behalten, eine Einigung mit den Raptors, die den Deal wohl zu einem 5-Team-Trade gemacht hätte, scheiterte dem Vernehmen nach an Anderson.
Nun ist der Forward erst einmal da und könnte den Heat mit seiner Defense und seinen Passfähigkeiten sogar helfen. Langfristig muss Miami ihn nicht behalten, zumal sein Vertrag über den Sommer 2026 hinaus läuft, für den sie ihre Bücher wohl möglichst frei schaufeln wollen. Bis zur kommenden Offseason darf er laut Spotrac nun aber nicht mehr separat getradet werden.
Warum die Heat lieber Tucker als Schröder haben wollten? Schröder verdient knapp zwei Mio. mehr - für die Heat als Luxussteuer-Team muss diese Summe multipliziert werden, sie ist also höher; gut möglich, dass sie bis Donnerstagabend noch mit einem anderen Move versuchen werden, unter die Steuer-Grenze zu kommen (derzeit sind sie knapp acht Mio. drüber). Da zählt jeder Dollar.
Ob Tucker noch etwas beitragen kann, ist offen. Bei seinem letzten Stint in Miami war der Forward ein absoluter Leistungsträger, nun ist er allerdings 39 und hat für die Clippers zuletzt am 3. Mai 2024 ein Spiel absolviert. Vielleicht nimmt er in Miami einfach nur die vakante Udonis-Haslem-Rolle ein und feuert die Teamkollegen mit bösen Blicken von der Bank aus an.
Der Draft-Pick dürfte, sollte bei den Warriors nichts völlig Verrücktes passieren, irgendwo in der 15-20er Range landen, in der sich Miami seit Jahren recht wohl fühlt. Da sie ihren eigenen 2025er Pick (Top-14-geschützt) wohl an OKC abdrücken müssen, ist das quasi ein Ausgleich. Kein perfekter Gegenwert, diesen hätten sie für Butler aber ohnehin nicht mehr kriegen können.
Unterm Strich verändert Miami seine Perspektive nicht drastisch, legt aber den Grundstein für etwas mehr Flexibilität in der Zukunft. Und in der Gegenwart können Erik Spoelstra und Co. ihrem Job wieder mit etwas mehr Ruhe nachgehen. Butlers ersten drei Jahren in Miami wird das alles zwar nicht gerecht, aber das galt ja auch bereits für seine letzten anderthalb Jahre.
Paul George und Lauri Markkanen sind es im Sommer nicht geworden. Schröder war offensichtlich nicht die Lösung. Durant hatte keine Lust auf eine Rückkehr in die Bay Area. Nun ist Butler der zweite Star geworden, der es irgendwie schaffen soll, die Dubs von einer grauen Maus wieder zu einem ernstzunehmenden Playoff-Team zu machen. Ist das realistisch?
Es ist eine legitime Frage. Auf der einen Seite waren Butlers schwächere Leistungen in dieser Spielzeit wohl auch der fehlenden Motivation geschuldet - er ist engagiert noch immer ein elitärer Two-Way-Spieler, der verteidigen, passen und scoren kann, selbst wenn er dabei anders vorgeht als die meisten anderen Wing-Scorer und kaum Dreier, dafür aber viele Freiwürfe nimmt.
Butler ist auch mit 35 Jahren ein Talent-Upgrade; die Warriors hatten neben Stephen Curry keinen Spieler im Kader, der konstant Offense für sich und andere kreieren konnte, nachdem Schröder nie an seine Leistungen aus Brooklyn herankam. Curry musste dadurch zu viel machen, worunter seine Leistungen litten (nur 43,7% FG) - und wenn er nicht spielte, war die Offense völlig verloren (Rating: 104,4 - 7. Perzentil!).
Butler könnte die Absicherung gegen dieses Problem sein, welche die Warriors nun schon seit einigen Jahren gesucht haben. Er ist wie Steph und Draymond Green ein bewiesener Playoff-Performer - wenn es die Dubs in die Postseason schaffen, hätten sie gegenüber einigen der höheren Seeds (Memphis, Houston) massive Vorteile in Sachen Erfahrung.
Alle Probleme des Teams werden durch Butler aber nicht gelöst. Das Spacing-Defizit wird potenziell sogar etwas größer - nach Curry und Buddy Hield sind gute Schützen im Kader Mangelware, die drittmeisten Dreier im Kader hatte tatsächlich Wiggins versenkt. Butler kann offene Würfe für andere kreieren, selbst Dreier nehmen ist seine Sache jedoch nicht.
Lineups mit Curry, Butler, Green, einem Center und Jonathan Kuminga beispielsweise hätten eine Menge Spielintelligenz und großes defensives Potenzial, aber außer Curry sehr wenig Wurf; Green und Butler sind jeweils großartige Off-Ball-"Denker" und Butler ist ein starker Cutter, trotzdem wirkt das wie ein Fit, der vielleicht etwas Zeit brauchen wird.
Zeit, die Golden State vielleicht gar nicht hat - mit ihrer 25-25-Bilanz stehen sie auf Platz 11 der Conference, erhalten von hinten Druck durch die neu sortierten Spurs mit De’Aaron Fox und haben vor sich eine ganze Menge Teams, die ebenfalls keine Lust haben, jetzt abreißen zu lassen, und sich zum Teil gerade ebenfalls verändert/verbessert haben.
Im Vergleich zu den besten Teams wirkt Golden State zudem alt und unathletisch, nachdem mit Wiggins einer der besten Athleten abgegeben wurde. Ein richtiger Contender ist hier auf Knopfdruck nicht entstanden - die Dubs wirken gefährlicher als vorher, aber das bezieht sich eher auf potenziell einzelne Runden als auf tiefe Runs. Ihre drei besten Spieler haben ihre Blütezeit allesamt hinter sich. Das darf bei aller möglichen Euphorie nicht vergessen werden.
Immerhin: Sie machten diesen Deal möglich, ohne ihre jungen Spieler wie Kuminga, Trayce Jackson-Davis oder (den in dieser sehr Saison enttäuschenden) Brandon Podziemski darin abzugeben. Sie haben noch immer ein paar Optionen, um womöglich auch heute noch etwas am Shooting-Defizit zu machen.
Sie handelten aus Verzweiflung, was nie die beste Motivation ist. Das Extra-Jahr für Butler ist ein Zugeständnis, das womöglich nicht gut altern wird, wenn er 26/27 dann erneut Stunk in Erwartung seines nächsten Vertrags machen wird.
Die Situation war für die Warriors offensichtlich aber nicht tragbar, auch wenn sich Curry, Green und Steve Kerr vor einigen Wochen noch anders geäußert hatten. Butler war wohl der beste Spieler, der für sie Stand jetzt realistisch verfügbar war.
Es verdient einen gewissen Respekt, dass die Warriors alles versuchen, um Currys letzte Jahre nicht im Niemandsland zu verbringen. Es ist aber möglich, dass sich durch diesen Versuch nichts Grundsätzliches daran ändern wird.
Detroit hat seinen Cap-Space "vermietet", um den Deal finanziell für die anderen Teams möglich zu machen und sich dafür mit einem kleinen Asset bezahlen zu lassen. Nachdem sie das im Lauf des Dienstags auch schon mit den Sixers getan hatten (um K.J. Martin zu bekommen), ist ihr Kader vor der Deadline nun eigentlich allerdings zu voll.
Will sagen: Wahrscheinlich werden sie nicht alle drei (Martin, Richardson, Waters) behalten können. Die Chance ist wohl recht hoch, dass am Ende mindestens der 31-jährige Richardson entlassen wird und sich dann in einigen Tagen auf dem Buyout-Markt ein neues Team suchen kann.
Martin und Waters könnten sich beim Überraschungsteam Detroit gegebenenfalls für einige Minuten empfehlen.
Auch Utah arbeitet weiter fleißig daran, in jedem größeren Trade irgendwo aufzutauchen. Berichten zufolge werden sie Schröder nicht behalten. Er ist potenziell aber ein besseres Asset als Tucker, den sie selbst erst vor vier Tagen aus einem anderen Trade mit den Clippers erhalten haben.
Vielleicht können sie für den deutschen Nationalspieler noch einen weiteren Zweitrundenpick oder dergleichen abstauben, bis der Buzzer um 21 Uhr deutscher Zeit ertönt. Andernfalls scheint auch hier ein Buyout nicht unwahrscheinlich.
Ole Frerks