19.09.2024, 13:57
ProA-Check: Favoriten, Ex-DBB-Spieler und ein früherer BBL-MVP
Am kommenden Freitag, den 20. September, startet die 2. Basketball-Bundesliga ProA in die Saison 2024/25. Vorab gibt es an dieser Stelle einen kleinen Ratgeber für die neue Spielzeit.
Hinweis: Eine Übersicht über alle Kader der 18 Teams aus der ProA gibt es hier.
Die Liga umfasst 18 Teams. Mit Quakenbrück, Bayreuth, Bremerhaven, Gießen, Crailsheim, Hagen, Tübingen und Trier sind acht Standorte am Start, die vor nicht allzu langer Zeit Stammgäste in der BBL waren und seit der Jahrtausendwende mindestens acht Saisons in der BBL verbrachten. Die acht bestplatzierten Teams ziehen in die Playoffs ein. Anders als in der BBL gibt es kein Play-In-Format.
Die beiden Playoff-Finalisten erhalten das Recht, in die BBL aufzusteigen, sofern sie die Lizenzauflagen erfüllen können. Die beiden am niedrigsten platzierten Teams steigen in die drittklassige ProB ab. Darüber hinaus gibt es in der ProA analog zu anderen deutschen und internationalen Ligen eine Quotenregelung zur Durchlässigkeit von einheimischen Spielern. In der ProA müssen immer mindestens zwei Spieler auf dem Parkett stehen, die die deutsche Staatsbürgerschaft haben oder in einem deutschen Programm ausgebildet wurden.
Der infrastrukturelle Abstand von der zweiten zur ersten Liga und von der zweiten zur dritten Liga ist recht groß. In diesem Sommer nahm kein ProB-Club den Aufstieg in die ProA wahr, weshalb mit Paderborn nur ein Team in die ProB abstieg und Bochum trotz Platz 17 per Wildcard zweitklassig bleibt. Am anderen Tabellenende konnte nur Frankfurt den BBL-Aufstieg wahrnehmen. In Bezug auf einen Aufstieg in die BBL gibt es kein Nachrückverfahren.
Dies bedeutet, dass für Meister Karlsruhe, der die BBL-Voraussetzungen nicht erfüllte, nicht etwa die Gladiators Trier, die eine BBL-Lizenz mit Auflagen und Bedingungen erhielten, aufsteigen konnten. Die BBL verlangt eine Hallenkapazität für 3.000 Zuschauer und Zuschauerinnen (mindestens 4.500 ab 2032). Die 3.000er-Hürde können 16 von 18 ProA-Clubs erfüllen. Bei Karlsruhe scheiterte der Aufstieg jedoch an der Erfüllung des BBL-Mindestetats von 3,5 Millionen Euro.
Trier gilt als Hauptrundensieger der Vorsaison als Top-Favorit. Sechs der acht besten Scorer wurden gehalten. Auch BBL-Absteiger Crailsheim ist stark einzuschätzen. Headcoach David McCray (als Spieler 423 BBL-Partien) erklärte im Podcast Talkin‘ Basketball früh im Sommer den Aufstieg zum Ziel, das er mit aggressiver Defense und Tempobasketball erreichen möchte. Die Merlins setzten sich zuletzt gegen Rostock als einziger von sieben ProA-Ligisten in der ersten Pokalrunde durch. Mit Gießen und einem sehr erfahrenen Jenaer Team gehören zwei weitere ehemalige BBL-Standorte, die die jüngste Hauptrunde auf Platz 2 respektive Platz 5 abschlossen, zu den Mitfavoriten.
BBL-Absteiger Tübingen, der einen talentierten, aber sehr jungen Kader aufbietet, sowie den Vorjahres-Playoff-Teams aus Karlsruhe, Hagen und Münster sind kleinere Chancen einzuräumen. Welche Clubs letztlich die Voraussetzungen für die BBL erfüllen, wird sich voraussichtlich erst im kommenden Frühjahr entscheiden. Im vergangenen Jahr stellten mit Bremerhaven, Gießen, Jena, Karlsruhe und Trier fünf aktuelle ProA-Ligisten zumindest einen Antrag. Martin Schmidt, Geschäftsführer von Phoenix Hagen, kündigte kürzlich bei Streamingdienst Dyn an, dass der Club ebenfalls anstrebt, 2025 einen Antrag für die erste Liga zu stellen.
Die meisten Clubs sind ambitioniert. Daher werden sich voraussichtlich wie fast jedes Jahr Mannschaften unten wiederfinden, die damit jetzt noch nicht rechnen. Mit Vechta 2 gibt es aktuell einen klaren Abstiegsfavoriten. Das Farmteam verlor bis zum Redaktionsschluss alle Testspiele, mitunter mit 71 Punkten Differenz gegen Ligakontrahent Münster. Allerdings hatte das Team mit zahlreichen Ausfällen zu kämpfen. Abzuwarten bleibt, wie oft BBL-Doppellizenzspieler in der ProA auflaufen werden. Daneben sind die fränkischen Teams aus Nürnberg und Bayreuth in der Breite eher schmal und unerfahren aufgestellt. Ähnliches gilt für Düsseldorf.
Bochum stieg in der Vorsaison mit nun lediglich punktuell verstärktem Kader tabellarisch ab. Jedoch ist dem Team, das 2023 nur knapp die Playoffs verpasste, mit weniger Verletzungspech als im Vorjahr eine solide Saison zuzutrauen. In der ProA waren in der Vergangenheit Überraschungen stets möglich, wenn Teams beispielsweise in kleinen Ligen Rohdiamanten fanden. Im Vorjahr erreichten mit Kirchheim und Münster zwei Teams mit vermeintlich überschaubaren Budgets die Playoffs. Andersherum fanden sich zuletzt mit Quakenbrück und Koblenz Mannschaften mit Playoff-Ambitionen im Abstiegskampf wieder.
Mit dem ehemaligen Nationalteamkapitän Robin Benzing (167 Länderspiele, Gießen), Maik Zirbes (75, Trier) und Ulms Meisterspieler Robin Christen (3, Jena) laufen in der neuen Saison drei Spieler in der ProA auf, die 2021 oder 2022 noch das deutsche Nationaldress trugen. Benzing (14,1 Punkte, 2,2 Rebounds, 32 % Dreierquote) und Zirbes (10,7 Punkte, 5,7 Rebounds) liefen schon im vergangenen Spieljahr für ihre ProA-Teams auf. Sie gehörten nicht zu den dominantesten Spielern, aber konnten punktuell Partien ihren Stempel aufdrücken. Benzing wechselte 2023 in die ProA, nachdem er sich laut Gießener Clubangaben in Uruguay einen Meniskusriss zuzog.
Zirbes kehrte im gleichen Jahr zurück in seine alte Heimat Trier, nachdem er 2015/16 für Roter Stern Belgrad zu den besten Centern der EuroLeague gehörte, aber in der Folge nicht mehr an diese Leistungen anknüpfen konnte. Christen zieht es nach sechs BBL-Saisons zurück in die ProA, wo er schon sechs Jahre für Essen, Hanau, Köln und Vechta spielte. Nach der Ulmer Meistersaison 2022/23 verlief die vergangene Spielzeit für ihn unglücklich. Verletzungsbedingt - laut SWP infolge einer Knieoperation - verpasste er fast die Hälfte der Spiele. Maurice Stuckey ist ein weiterer namhafter Akteur in der ProA. Mit Crailsheim, wo er seit 2019 aktiv ist, stieg der Dreierspezialist zuletzt in die ProA ab. In der Saison 2017/18 war der inzwischen 34-Jährige in Diensten von Würzburg hinter Benzing der zweitbeste deutsche Punktesammler der BBL. Vor der Europameisterschaft 2015 stand auch er im erweiterten Aufgebot für das deutsche Nationalteam. Zu einem Einsatz kam er jedoch nicht.
Ein weiterer renommierter ProA-Spieler ist Raymar Morgan, der wie Christen für Jena spielt. In der Saison 2016/17 avancierte der vielseitige Big Man, der zu College-Zeiten zusammen mit dem mehrfachen NBA-All-Star Draymond Green zu den Leistungsträgern eines starken Michigan-State-Teams gehörte, für Ulm zum BBL-MVP. Frühzeitig wurde seine Karriere jedoch durch Verletzungen beeinträchtigt. Laut dem Ulmer Magazin Orange Zone zog sich der nun 36-Jährige 2011 einen Patellasehnenriss im Knie zu - gefolgt von einem Anriss der gleichen Patellasehne kurz nach der Genesung. Laut BasketNews beendete Morgan Ende 2022 bereits seine Karriere, nachdem er unter anderem die Saison 2021/22 wegen eines Bandscheibenvorfalls fast gänzlich verpasste. Zuletzt spielte er mit durchwachsenen Statistiken in Kanada. Es bleibt abzuwarten, ob der US-Amerikaner noch in der Lage ist, der ProA seinen Stempel aufzudrücken. Der 40-jährige Brandon Thomas ist ebenfalls ein Ex-EuroCup-Spieler. Der Ex-Münchener spielte für seinen aktuellen Club, Quakenbrück, schon zu BBL-Zeiten und agiert weiterhin auf solidem ProA-Level.
Von den letztjährigen ProA-Stars ist unter anderem O’Showen Williams (Karlsruhe) weiter am Start. Der defensiv- und wurfstarke Spielmacher spielte einst für Würzburg in der BBL und war zuletzt ein Garant für Karlsruhes ProA-Titel. Zudem bleibt der iranische Nationalspieler Behnam Yakhchali in Trier. Der wurfstarke Combo Guard wurde 2020 in einer Rostocker Pressemitteilung von Ex-Bundestrainer Dirk Bauermann als "bester Guard Asiens" bezeichnet. Quakenbrücks Buzz Anthony (u. a. einziges ProA-Triple-Double 2023/24) gehörte in den vergangenen beiden Jahren zu den besten ProA-Spielmachern. Mit Center Adam Touray (14,2 Punkte) bleibt der beste deutsche ProA-Scorer der Vorsaison in Münster.
Die U22-Spieler mit signifikanten Spielanteilen ballen primär in Vechta. Toptalent Johann Grünloh (19 Jahre) wurde in der abgelaufenen Spielzeit BBL-Nachwuchsspieler des Jahres. Vor einem potenziellen NBA-Draft-Jahr und nach nur zwölf ProA-Spielen in der Vorsaison ist bei ihm erneut nicht mit vielen ProA-Einsätzen zu rechnen.
Mit unter anderem Justin Onyejiaka (20), Linus Ruf (19), Roy Krupnikas (in Kürze 18), Linus Trettin (19) und dem frischgebackenen U18-Europameister Fynn Lastring (17) stehen weitere deutsche Jugendnationalspieler im Farmteam des BBL-Klubs, dessen U19-Team amtierender NBBL-Meister ist. Der österreichische Jugendnationalspieler Peja Strobl (17), Sohn von Ex-BBL-Coach Pete Strobl, ist ein weiteres Toptalent. Vechta 2 könnte erneut ein spannendes Team stellen, wenngleich die Vorbereitung noch Zweifel an der Konkurrenzfähigkeit aufwarf.
Lukas Feldhaus