17.09.2024, 12:00
Neuer Center weckt Hoffnungen
Alba Berlin wurde für die wenigen Veränderungen im Sommer teils scharf kritisiert. Eine echte Verstärkung könnte zumindest Trevion Williams darstellen. Der Center ist ein Spielertyp, der den Hauptstädtern im Vorjahr abging.
"Es war ein harter Sommer, weil wir viel probiert haben und es ein paar frustrierende Situationen gab", verriet Alba-Sportdirektor Himar Ojeda während der Vorbereitung. Kapitän Johannes Thiemann? Weg! Topscorer Sterling Brown? Ebenfalls weg! Stattdessen begrüßten die Albatrosse nur zwei Spieler ohne EuroLeague-Erfahrung, den Australier Will McDowell-White sowie Trevion Williams.
Für den abgeschlagenen Letzten der vergangenen EuroLeague-Saison ist das wenig, doch zumindest Williams könnte ein Hoffnungsschimmer der ansonsten so verkorksten letzten Monate an der Spree sein. Der ehemalige Ulmer bringt eine Spielweise mit, die wie gemacht ist für den spanisch geprägten Stil in der Hauptstadt.
Vorneweg. Williams ist kein Thiemann-Ersatz, der 23-Jährige wurde im Juli von Alba explizit als Center vorgestellt und da werden die Albatrosse den US-Amerikaner auch brauchen. Der Kader ist extrem Guard-lastig, mit Tim Schneider und Center-Kante Khalifa Koumadje stehen nur zwei Spieler im Kader, die größer als 2,06 Meter sind. Nominell haben die Berliner für den Frontcourt nur fünf Akteure, was sehr dünn ist.
Williams misst übrigens 2,06 Meter, das hielt ihn aber nicht davon ab, dass er in Ulm im Schnitt starke 14,2 Punkte und 9,4 Rebounds in allen Wettbewerben auflegte. Der Big Man glänzt in anderen Disziplinen als der abgewanderte Kapitän, auch wenn seine Skills vielfältig sind.
"Mein Spiel passt perfekt zu Albas Spielweise", erklärt Williams im Gespräch mit basketball-world.news. "Ich versuche, meine Mitspieler so oft und gut wie möglich einzubinden. Das hat für mich oberste Priorität." Dieses teamorientierte Denken zeigte er bereits in Ulm, als er durchschnittlich 3,3 Assists spielte. Auch bei Alba wird vieles über den Neuzugang laufen, im Testspiel gegen die Rostock Seawolves waren es sieben direkte Vorlagen.
Williams ist nicht der typische Center aus Übersee. Er ist athletisch, aber kein Freak. Er arbeitet am Brett, kann aber auch mehr als nur die Drecksarbeit. Williams kann sich im Eins-gegen-Eins durchsetzen, hat aber auch punktgenaue Pässe in petto. Im Herzen ist der Big Man eher Europäer denn Amerikaner. "In den USA wird das Teamspiel nicht so gefördert wie hier. Deshalb fühle ich mich hier so wohl”, beteuert der Neuling.
"Ich freue mich darauf, das Team mit meinem Stil nach vorne zu bringen", sagt Williams, der sich so einreiht in die Riege von passstarken Big Men, die das Alba-Jersey übergestreift haben. Zuletzt natürlich Luke Sikma, der nach seinem Abgang nach Piräus im Vorjahr so schmerzlich vermisst wurde.
Sikma, bekannt für seine außergewöhnliche Spielübersicht und Passgenauigkeit, verkörperte den perfekten Teamspieler, der das Spielgeschehen lenken konnte. Mit Williams kommt nun ein Spieler, der ebenfalls die Fähigkeiten hat, das Teamspiel zu fördern, jedoch auf eine andere, athletischere und dynamischere Weise.
Williams unterscheidet sich deutlich von Sikmas spielerischen Ansatz, bringt jedoch ein neues Element ins Spiel, das Alba neue Möglichkeiten in der Offensive eröffnet. Gerade durch seine Athletik und seine Größe gibt er dem Berliner Spiel eine weitere Facette.
"Trevion besitzt als Spieler viele Eigenschaften, die perfekt zu uns passen. Er ist ein ausgezeichneter Passgeber und als Center sehr vielseitig in seiner Spielweise", meinte Ojeda bei dessen Vorstellung. Im EuroCup wurde Williams ins First Team gewählt, die EuroLeague ist nun die nächste logische Entwicklungsstufe.
"Ich bin bereit, diesen Schritt zu gehen", sagt Williams. "Das Spiel in Europa erlaubt mir, mein volles Potenzial auszuschöpfen, mein Stil passt hierher, besonders zu Alba." In Berlin ruhen auch deswegen große Hoffnungen auf dem Center. Der Sommer zeigte mal wieder, dass Alba kaum eine Chance bei erfahrenen Spielern hat und stattdessen darauf setzen muss, entwicklungsfähige Spieler in die Hauptstadt zu locken, die dann auch perfekt zum System passen.
Hier griffen die Albatrosse zuletzt immer mal wieder daneben oder hatten große Probleme mit Verletzungen. Williams hat zumindest die Voraussetzungen, um auch in Berlin zu funktionieren und einen weiteren Schritt zu machen. Es könnte helfen, den enttäuschenden Sommer doch ein bisschen positiver zu gestalten.
Sam Müller