18.07.2024, 13:09
Früherer MVP sucht noch seine Form
Joel Embiid polarisiert, das war schon immer so. Auch bei Team USA ist der gebürtige Kameruner nicht unumstritten, auch weil der frühere MVP meilenweit seiner Form hinterherhinkt.
FIBA Basketball ist nicht für jedermann. Selbst ein Superstar wie Tim Duncan, der nicht ohne Grund den Spitznamen "The Big Fundamental" trug, bilanzierte nach Olympia 2004, als die USA nur Bronze holten, wie folgt: "FIBA ist scheiße." Wer den stoischen Duncan noch kennt, der darf gerne von einem emotionalen Ausbruch sprechen.
Die Ikone der San Antonio Spurs ist der vermutlich beste Power Forward aller Zeiten, spielte das Spiel "richtig" und wurde doch mit dem etwas anderen FIBA-Spiel (hier sind oft auch die schwankenden Schiedsrichter-Leistungen ein Problem) nie wirklich warm. "Ich habe genug, das ist es alles nicht wert", meinte Duncan am Ende seiner kurzen FIBA-Karriere.
Joel Embiid, NBA-MVP von 2023, steht dagegen erst am Anfang, auch er ist hochdekoriert, mit den USA und Frankreich buhlten gleich zwei Verbände um die Dienste des gebürtigen Kameruners. Letztlich wurden es die USA, obwohl der Center der Philadelphia 76ers Frankreich schon zugesagt hatte. Die Grande Nation schäumte.
Blickt man aber auf die ersten drei Partien, dann wird diese Entscheidung eher nicht über Wohl und Übel bei der Vergabe der Goldmedaille entscheiden. Im Gegenteil: Die ersten Kritiker kommen in den USA schon wieder aus den Löchern. "Ich sehe Joel und ich sorge mich, weil er nicht fit zu sein scheint. Für mich sieht das nicht gut aus", merkte ESPN-Experte Kendrick Perkins an. Nun sind Perkins‘ Worte nicht golden, in diesem Punkt hat der frühere Big Man aber durchaus recht und vertritt eine Meinung, die in den USA nicht wenige teilen.
Embiid, der große Teile der Saison mit einem Meniskusriss verpasste und sich dann durch die Playoffs quälte (es waren letztlich nur sechs Partien), scheint von seiner Bestform weit entfernt zu sein. Dazu kommt die FIBA-Umstellung. Im ersten Test gegen Kanada sammelte er in nicht einmal acht Minuten fünf Fouls an - der Feierabend begann schon Mitte des dritten Viertels.
Die folgenden Partien gegen Australien und Serbien waren besser, doch die Schlagzeilen gehören bisher seinen Backups Anthony Davis und Bam Adebayo, die mit der Second Unit im Verbund gegnerisches Scoring zum Ding der Unmöglichkeit erklärt haben.
"Es ist neu für mich und wir brauchen noch ein wenig für die Automatismen", meinte Embiid. "Ansonsten ist es toll hier, ich genieße diese Zeit. Wir unternehmen zusammen etwas, spielen ein bisschen Basketball und gewinnen."
Aus sportlicher Sicht spricht dagegen wenig für Embiid, gleichzeitig gibt es eben auch die politische Komponente. Gefühlt buhlte der Verband Jahre um Embiid, entsprechend wird man ihn nicht schon während der Vorbereitung degradieren. Zusammen mit LeBron James und Stephen Curry scheint der Big Man für die Starting Five gesetzt und auch Coach Steve Kerr stärkte seinem Center den Rücken.
"Mir gefällt es mit den Drei in der Starting Five", versicherte Kerr nach dem Serbien-Spiel. "Wir schauen gerade, welche Jungs noch dazu passen und wir haben natürlich tolle Optionen, aber mir gefällt dieses Trio." Warum auch die bisherige Erfolgsformel ändern? Die USA sind noch unbesiegt, wischten mit Serbien den Boden, auch weil man mit den Reservisten gefühlt jede einzelne Minute gewinnt.
Und wenn es letztlich doch Spitz auf Knopf kommt, wird Kerr mit Sicherheit keine Nibelungentreue zeigen, dafür ist der Druck nach einer schwachen Weltmeisterschaft einfach zu groß. Noch hat Embiid Zeit, sich in Form zu spielen, aber für die wichtigen Momente haben die USA derzeit einfach bessere Optionen.
Robert Arndt